Drei-Länder-Tagung der AKE, DGEM und GESKES in Bregenz: NUTRITION 2015

Die Dreiländertagung NUTRITION der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Klinische Ernährung (AKE), der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der Gesellschaft für Klinische Ernährung der Schweiz (GESKES) findet alle zwei Jahre in Deutschland, dazwischen abwechselnd in Österreich und der Schweiz statt. In diesem Jahr fand der Kongress vom 28.–30.5.2015 in Bregenz statt.

In bis zu fünf parallelen Sessions wurden so verschiedene Themen wie Muskelverlust bei Intensivpatienten, Epigenetik, Reflux-Krankheit, Zahngesundheit und Mangelernährung oder Ernährungseinflüsse auf onkologische Erkrankungen behandelt. Daneben gab es Vorträge zu einzelnen Inhaltsstoffen (z. B. n3-Fettsäuren in Fischöl, Vitamine in Fruchtsäften und Supplementen, Aminosäuren und Proteine für Intensivpatienten). Auch lebensmittelkundliche Beiträge – etwa zu Bier oder Käse – gehörten zum Programm. Aus der Vielfalt der Beiträge können hier nur einige herausgestellt werden. Die Abstracts der Vorträge erschei+en in [1].

Dauerbrenner Allergien und Intoleranzen

Einen deutlich größeren Vortragsraum hätte diese völlig überfüllte Session verdient. Prof. Werner Aberer, Graz, ging auf den aktuellen Stand von Diagnostik und Therapie von Lebensmittelunverträglichkeiten ein. MBA Anna Maria Eisenberger, Graz, erläuterte das Konzept der FODMAP-Diät1. Zu Kohlenhydrat- Intoleranzen referierte Dr. Franziska Durchschein, ebenfalls Graz. Insgesamt wurde in den Vorträgen das große Ausmaß an Verunsicherung über den Krankheitswert einzelner „Unverträglichkeiten“ deutlich.

Gesundheits- und Berufspolitik

Die Dreiländertagung der ernährungsmedizinischen Fachgesellschaften ist traditionell auch ein Podium für gesundheitspolitische Themen und ermöglicht Standortbestimmungen der verschiedenen Berufsgruppen im Bereich der Patientenversorgung. So stellte Prof. Johann Ockenga, Bremen, die Initiative ONCA – Optimal Nutritional Care for All vor, die im November 2014 von der European Nutrition for Health Alliance (ENHA) initiiert wurde2 [2]. In der gleichen Session stellte Dr. Tatjana Schütz, Leipzig, den deutschen „Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis“ (LEKuP) vor. Er ist das 5. Update des lange bekannten und in der klinischen Ernährung etablierten deutschen Rationalisierungsschemas. Der Dreiländeraustausch der Diätologenverbände startete mit einem Impulsreferat von Naomi Trostler, PhD, Jerusalem, zum Ablauf und der Logik einer standardisierten Ernährungsdiagnose. Hierfür bietet das PES-Statement (P = Problem, E = Etiology [Ätiologie, Ursache, Einflussfaktoren], S = Zeichen/Symptome) eine wichtige Basis. In den weiteren Vorträgen zu diesem Thema aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde schnell deutlich, dass es bis zum optimalen Zusammenspiel der verschiedenen Berufsgruppen („interdisziplinäre Ernährungsteams“) teilweise noch ein steiniger, von Standesinteressen und/ oder rechtlichen Grenzen begrenzter Weg ist. So ist z. B. je nach Nation der Begriff „Diagnose“ einer ärztlichen Tätigkeit vorbehalten, die analoge Tätigkeit einer Diätologin (nutrition diagnosis) muss daher mit „Ernährungsbefund“ umschrieben werden [3, 4].

Der Kongress Ernährung/NUTRITION spannt als Dreiländertagung nicht nur einen Bogen über nationale Grenzen. Die Auswahl der Themen und Referenten überschritt auch in diesem Jahr die Grenzen der mit Ernährung befassten Berufsgruppen Ernährungsmediziner und Diätologen/ Diätassistenten, Ernährungswissenschaft(l) er, Pharmazeuten, Angehörige der Pflegeberufe und Vertreter der Ernährungsindustrie. Der Dreiländer-Vergleich kann durch die Schilderung der unterschiedlichen nationalen Wege helfen, erfolgreiche Ansätze zu erkennen und zu übernehmen. Aber auch Hemmnisse, z. B. durch zwischen bundesländer- bzw. kantonspolitischen Hindernissen zerriebene nationale Aufgaben, können so identifiziert werden. Das diesjährige Motto „Ernährung – Quelle des Lebens“ mag für viele banal klingen. Gerade die Vorträge mit unmittelbarem Praxisbezug zeigten jedoch, dass diese elementare Bedeutung von Ernährung neben den vielen spannenden akademischen Spezialdisziplinen nicht aus dem Blick geraten darf.

Die NUTRITION 2016 wird vom 09.– 11.06.2016 in Dresden stattfinden.

Quellen:
1. Aktuelle Ernährungsmedizin 2015 40(3): 179–199
2. www.european-nutrition.org/index.php/news/news_post/nutritional_screening_ implementation_conference_2014_opti mal_nutritional_ca Zugriff 15.06.15
3. Buchholz D, Ohlrich S (2012) Der Nutrition Care Process. Nutrition Diagnosis – eine Kernkompetenz in der Diättherapie und Ernährungsberatung. URL: www.vdd. de/fileadmin/downloads/Kurzfassungen_ Kongress_2011/VDD_Kongress_2012_ final.pdf Zugriff 15.06.15
4. Buchholz D, Erickson N, Meteling-Eeken M, Ohlrich S (2012) Der Nutrition Care Process und eine standardisierte Sprache in der Diätetik. Ernährungs Umschau 59: 586–593

-> Zum Thema fermentierbare Oligo- und Disaccharide und Polyole (FODMAP) erscheint in einer der nächsten Ausgaben der Ernährungs Umschau ein Beitrag in der Rubrik „Im Focus“.  
-> Lesen Sie hierzu den Beitrag in der Rubrik „Im Focus“ in diesem Heft ab S. M478.


Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 08/15 auf Seite M438.

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