NDR Info: Massiver Antibiotika-Einsatz bei Masthähnchen nachgewiesen

  • 02.11.2011
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© Bild: bilderbox.com In der Hähnchenmast werden nach einer bundesweit bisher einmaligen Studie des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) deutlich mehr Antibiotika eingesetzt als bislang angenommen. Danach sind in 83 % der untersuchten Mastdurchgänge – die Zeit vom Schlüpfen der Küken bis zur Schlachtung – antimikrobiell wirksame Mittel (z.T. bis zu acht verschiedene) verabreicht worden.

Diese Ergebnisse stammen aus einer vom nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministerium in Auftrag gegebenen Studie, die dem Radioprogramm NDR Info in Auszügen vorliegt. Die Überwachungsbehörden haben die Daten von 962 Hähnchenmastdurchgängen aus 182 Betrieben im ersten Halbjahr 2011 systematisch ausgewertet. Es ist die erste Studie bundesweit mit belastbaren Daten zum Antibiotika-Einsatz. Wenn die Zahlen tatsächlich stimmen sollten, wäre Nordrhein-Westfalen dringend aufgefordert, schleunigst zu handeln, sogar die Schließung betroffener Betriebe wäre möglich.

Ein Masthähnchen lebt bis zur Schlachtung in der konventionellen Haltung ca. 35 Tage. In dieser Zeit verabreichten Mäster z. T. bis zu acht verschiedene Antibiotika, in 53 % der untersuchten Fälle je nur 1–2 Tage lang. Diese kurze Verabreichung von Antibiotika ist nicht zugelassen; um Resistenzen zu vermeiden, müssen solche Medikamente r. d. R. jeweils 5–6 Tage verabreicht werden. Die Studienergebnisse legen die Vermutung nahe, dass Antibiotika weiterhin als Wachstumsdoping zum Einsatz kommen (seit 2006 ist der wachstumsfördernde Einsatz von Antibiotika in der gesamten EU verboten).

In 17 % der ausgewerteten Mastdurchgänge wurden keine Antibiotika eingesetzt. Das zeige, dass die Antibiotika-freie Mast nicht nur im Einzelfall möglich ist. Einen verringerten Antibiotika-Einsatz konnte die Behörde bei kleinen Betrieben mit weniger als 20 000 Tieren feststellen. Dort war die Mastdauer in der Regel mit insgesamt 45 Tagen bis zur Schlachtung länger. Seit diesem Jahr wird in einer bundesweiten Datei (DIMDI) zwar erfasst, in welche Postleitzahlenregion welche (Mengen an) Medikamente(n) geliefert werden. Davon ausgenommen ist allerdings die Geflügelbranche. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind datenschutzrechtliche Bedenken der Grund dafür. Tierärzte, Politiker der Grünen sowie Datenschützer kritisieren diese Ausnahme scharf und fordern eine Änderung der Verordnung. NRW-Landwirtschaftsminister REMMEL hatte im Sommer auf NDR Info angekündigt, eine Bundesratsinitiative zu prüfen, um diese Ausnahme rückgängig zu machen. Quelle: NDR, Pressemeldung vom 28.10.2011 (02.11.11)

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