Sorglos, bis der Arzt kommt - beim Kampf gegen kindliche Adipositas sind die Eltern gefordert

  • 06.06.2008
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Übergewicht und Adipositas sind bereits im Vorschulalter weit verbreitet. Präventionsprogramme erweisen sich jedoch nicht immer als wirksam. Denn nach Ansicht von Experten werden sie gerade von denjenigen nicht in Anspruch genommen, die dies am dringendsten nötig hätten. Welche Faktoren hierbei eine Rolle spielen, steht im Mittelpunkt des Ende des Jahres auslaufenden BMBF-Projekts "Prävention kindlicher Adipositas: Was hindert und erleichtert Eltern den Zugang zu Präventionsangeboten?". Ein Team um Prof. Petra WARSCHBURGER geht im Institut für Psychologie der Universität Potsdam der Frage nach.

Das Forschungsvorhaben richtet sich insbesondere an sozial schwache Eltern von solchen Kindern, die schon im Alter zwischen drei und sechs Jahren ein Übergewichtsrisiko erkennen lassen.

In 40 Interviews und über 500 Fragebögen wurden sie bezüglich ihrer Wahrnehmung eines Übergewichtsrisikos für ihr Kind, der Anwendung von Strategien im Umgang mit der Ernährung des Kindes sowie der Inanspruchnahme möglicher Angebote zur Vermeidung kindlichen Übergewichts befragt. Auskunft gaben vor allem Mütter.

Heraus kam unter anderem, dass viele von ihnen das vorhandene Risiko nicht erkennen. Sie nehmen zwar Adipostias als Risiko wahr, aber nicht die Stufe davor, das Übergewicht. Da die Präventionsprogramme jedoch genau hier ansetzen, ist ihre Umsetzung für die gewählte Probandengruppe nach wie vor schwierig. Rund 85 % der befragten Mütter waren nicht bereit, innerhalb der folgenden 6 Monate an einem solchen Programm teilzunehmen. Das Verhältnis kehrte sich allerdings komplett um unter der Annahme, ein Arzt würde dies anraten. In dem Fall signalisierten nur noch knapp über 10 % Desinteresse.

Ein weitere Schwerpunkt der Untersuchung war die elterlichen Steuerung des Essverhaltens. Hier zeigte sich erwartungsgemäß, dass der Einfluss von Müttern auf die kindliche Ernährung groß ist. Strategien, die zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme drängen oder mit Nahrungsmitteln als Belohnung einhergehen, sind oftmals verbunden mit der Steigerung des Konsums von Süßigkeiten und Fast Food. Wird jedoch tatsächlich die eigenverantwortliche Nahrungsaufnahme der Kinder gefördert, greifen diese vermehrt zu Obst und Gemüse.

Wie wichtig demnach jene Unterstützung in Sachen gesunder Ernährung ist und vor allem welche Rolle das eigene Übergewicht der Eltern bei der Entwicklung der Kids spielt, betonen auch die Potsdamer Forscherinnen. Wenn sowohl Mutter als auch Vater davon betroffen sind, liegt das Risiko für die Kinder auch übergewichtig zu werden bei 60–80 %.

Am Ende des Projekts hat das Team auf der Basis der Forschungsergebnisse ein Präventionsprogramm entwickelt und ausgewählten Kindertagesstätten angeboten. Die Kita-Erzieherinnen wurden im Vorfeld umfassend in den Inhalten, zum Beispiel bezüglich des Umgangs mit kritischen Esssituation oder der Steuerung des Essverhaltens, aber auch in der Ansprache der Eltern geschult. Angenommen wurde es von den potentiellen Adressaten kaum. Das Forschungsteam vermutet, dass sich vor allem die Ansprache der Eltern und deren Motivierung für viele Kita-Erzieherinnen als sehr schwierig erwies.

In der April/Mai Ausgabe des Unimagazins Portal ist unter www.uni-potsdam.de/portal/apr08/forschung mehr zum Projekt zu erfahren.
(06.06.08)

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