Bei Gelenkbeschwerden greifen viele zu Präparaten aus der Drogerie oder Apotheke. © m-gucci / iStock / Thinkstock
Bei Gelenkbeschwerden greifen viele zu Präparaten aus der Drogerie oder Apotheke. © m-gucci / iStock / Thinkstock

Mittel gegen Gelenkbeschwerden: Verbraucherzentralen warnen vor nicht zulässigen Werbeversprechen

  • 08.11.2017
  • News
  • Redaktion

Mehrere Verbraucherzentralen haben kürzlich vor den Zusammensetzungen von frei verkäuflichen Gelenkmitteln und den damit verbundenen Werbeaussagen gewarnt. Bei 73 Prozent der im Internet angebotenen Produkte werden offenbar gesundheitsbezogene Angaben gemacht, die nicht zugelassen sind. Die Einnahme von Glucosamin- oder Chondroitin-Produkten kann sogar gesundheitliche Risiken mit sich bringen.

Untersuchte Gelenkmittel: Die Inhaltsstoffe Glucosamin und Chondroitin dürfen nicht mit Gesundheitsversprechen beworben werden. © Verbraucherzentrale
Untersuchte Gelenkmittel: Die Inhaltsstoffe Glucosamin und Chondroitin dürfen nicht mit Gesundheitsversprechen beworben werden. © Verbraucherzentrale

Anbieter von Gelenkmitteln zur Nahrungsergänzung dürfen die Inhaltsstoffe Glucosamin und Chondroitin nicht mit Gesundheitsversprechen bewerben. Das schreibe die EU vor, da die gesundheitliche Wirkung dieser Stoffe nicht nachgewiesen ist, berichtet unter anderem die Verbraucherzentrale Hessen. Trotzdem halten sich nicht alle Anbieter an dieses Verbot.

In ihrem Marktcheck "Das Geschäft mit den Gelenken – Nahrungsergänzungsmittel versprechen mehr als sie halten" sehen die Verbraucherschützer eine "behördliche Prüfung/Zulassung aller in Deutschland (gemäß § 5 NemV) angezeigten Nahrungsergänzungsmittel hinsichtlich Sicherheit sowie Richtigkeit der Werbeaussagen ... vor dem ersten Inverkehrbringen anstelle des bisherigen Meldeverfahrens" als dringend erforderlich an. Bezogen auf das Thema Gelenke prangern sie an, dass es keine gesetzlichen Höchstmengen für Glucosamin und Chondroitin gibt. Chondroitinsulfat soll die Widerstandsfähigkeit des Knorpels stärken, das Glukosederivat Glucosamin dagegen ist Baustein des Knorpelgewebes. 

Die Studienlage zur Wirkung dieser Stoffe ist laut Bericht widersprüchlich: Während einige Studien eine geringe Verbesserung der Beschwerden nachweisen würden, gäbe es bei vielen anderen wiederum keinen nachvollziehbaren Unterschied zu der Einnahme von Placebos1. In einer spanischen Studie2 von diesem Jahr wirkte das eingesetzte Placebo sogar stärker als die Kombination von Glucosamin- und Chondroitinsulfat gegen Schmerzen bei Kniearthrose, berichten die Autoren.

Riskante Nebenwirkungen möglich

Riskant können die Nebenwirkungen von Gelenkmitteln vor allem für Menschen werden, die unter Diabetes leiden. Bei Diabetikern kann es durch Glucosamin zu Wechselwirkungen im Glukosestoffwechsel kommen. Auch Personen, die Blutgerinnungshemmer einnehmen oder allergisch auf Krebstier- oder Fischeiweiß reagieren, sollten vorsichtig sein. Glucosamin wird häufig aus Schalentieren hergestellt. Mit Ausnahme der Allergenkennzeichnung sind diese Hinweise laut Bericht nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Die Verbraucherzentralen stellen auf Grundlage ihres Berichtes folgende Forderungen:

  • Alle in Deutschland angebotenen Nahrungsergänzungsmittel müssen vor der Markteinführung behördlich auf Sicherheit und Richtigkeit der Werbeaussagen geprüft werden.
  • Die Überwachungsbehörden sind gefordert, gemäß der Health-Claims-Verordnung unzulässige Gesundheitsversprechen in größerem Umfang zu ahnden.
  • Hinweise zu Risiken und unerwünschten Wirkungen müssten gesetzlich vorgeschrieben werden.
  • Der Gesetzgeber sollte Höchstmengen für Glucosamin und Chondroitin in Nahrungsergänzungsmitteln festlegen und die zuständigen Überwachungsbehörden müssten Verstöße ahnden.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher müssen besser über mögliche Risiken und wirksame Alternativen wie das Vermeiden von Übergewicht und regelmäßige Bewegung aufgeklärt werden.


Quellen: Verbraucherzentrale Hessen / Marktcheck



Zitierte Literatur:
1. Kwoh CK, Roemer FW, Hannon MJ, Moore CE, Jakicic JM, Guermazi A, Green SM, Evans RW, Boudreau R: Effect of oral glucosamine on joint structure in individuals with chronic knee pain: a randomized, placebo-controlled clinical trial. Arthritis & Rheumatology 2014; 66(4): 930-939.

2. Roman-Blas JA, Castañeda S, Sánchez-Pernaute O, Largo R, Herrero-Beaumont G; CS/GS Combined Therapy Study Group: Combined treatment with chondroitin sulfate and glucosamine sulfate shows no superiority over placebo for reduction of joint pain and functional impairment in patients with knee osteoarthritis: a six-month multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. Arthritis & Rheumatology 2017; 69(1): 77-85.

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