Altersassoziierte Erkrankungen – Prävention durch Ernährung

  • 09.03.2010
  • News
  • Redaktion

Die 17. Ernährungsfachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – Sektion Thüringen, fand am 5. November 2009 in Jena statt. Eine Teilnehmerzahl von über 300 zeigt die besondere Bedeutung und Aktualität, die der Prävention durch Ernährung in der Geriatrie beigemessen wird.

Mit dem Thema „Kann der Alterungsprozess durch Ernährung beeinflusst werden?“ befasste sich der Beitrag von Dr. Marc BIRRINGER (Universität Jena). Bekannte Thesen machen reaktive Sauerstoffspezies (ROS) für das Altern im Allgemeinen sowie für die Genese von altersbedingten Erkrankungen verantwortlich. Seit Jahren werden Nahrungsergänzungsmittel angeboten, die als Antioxidantien dem oxidativen Stress entgegenwirken sollen. In den letzten Dekaden hat eine Reihe von Humanstudien gezeigt, dass von diesen Substanzen keine positiven Effekte ausgehen. Im Gegenteil, in einigen Studien konnten sogar nachteilige Effekte von Supplementen nachgewiesen werden.

Eine kürzlich am Institut für Ernährungswissenschaften der FSU Jena publizierte Studie an untrainierten jungen Männern zeigte, dass sich regelmäßiges körperliches Training positiv auf Blutzuckerspiegel und Insulinsensitivität auswirkt. Dieser positive Effekt wird durch reaktive Sauerstoffverbindungen, die während der Trainingsphase entstehen, vermittelt. Nahmen die Personen jedoch höhere Dosen von Antioxidantien ein, wurde der positive Effekt des Trainings auf den Blutzuckerspiegel aufgehoben. Es zeigt sich, dass ROS wichtige Signalmoleküle sind und der Körper diese benötigt, um auf Stressstimuli zu reagieren.

Neben Alter und genetischer Prädisposition spielen modifizierende Risikofaktoren eine maßgebliche Rolle bei der Arterogenese - vor allem die Qualität der Ernährung sowie die Menge der Nahrung. Bisher wurde kein langfristig gesundheitsfördernder Nutzen durch Supplementierung mittels Antioxidantien wie Vitamin E und C nachgewiesen, so Prof. Dr. Stefan LORKOWSKI (Universität Jena) in seinen Ausführungen zur Arterioskleroseforschung. Um Aussagen über den Verlauf und die Folgen der Arteriosklerose machen zu können ist es nicht ausreichend, nur die Auswirkung der Intervention auf einen Surrogatmarker wie das LDL-Cholesterin zu ermitteln. Daher sind neue Konzepte in der Molekularforschung notwendig, wie eine gesunde Ernährung aussieht und sie effektiv umgesetzt werden kann.

Jeder kann täglich dazu beitragen, sein persönliches Krebsrisiko zu senken. Dies bedeutet allerdings nicht, dass jede Krebsform verhinderbar ist. So sind etwa 5-10% der Neuerkrankungen (Deutschland: 450.000 jährlich) auf ererbte, genetische Ursachen zurückzuführen. Durch eine geeignete Lebensweise, insbesondere durch die Beachtung von Ernährungsempfehlungen, kann der Prozess der Zellteilungsentgleisung und des unkontrollierten Wachstums verhindert oder zumindest verlangsamt werden, erläuterte Dr. Michael GLEI (Universität Jena) in seinem Vortrag zur Krebsprävention. Im Jahr 2007 publizierten der World Cancer Research Fund und das American Institute for Cancer Research einen auf über 20.000 wissenschaftlichen Veröffentlichungen basierenden Bericht zum krebspräventiven Potential von Lebensmitteln, Ernährung und physischer Aktivität. Die zehn wichtigsten Empfehlungen wurden mitgeteilt.

Die Ergebnisse einer Humaninterventionsstudie mit 45 Patienten mit rheumatoider Arthritis wurden von Dipl. Troph. Christine DAWCZYNSKI (Universität Jena) in ihrem Beitrag zum Einfluss der Ernährung auf entzündlich-rheumatische Erkrankungen präsentiert. Es wurde der Einfluss eines 12wöchigen Verzehrs von n-3 LC-PUFA-angereicherten Milchprodukten bzw. die Applikation von Fischölkapseln in einer weiteren doppelblinden placebo-kontrollierten Studie untersucht. Anhand der Ergebnisse dieser Humaninterventionsstudien kann geschlussfolgert werden, dass in Abhängigkeit von der Dosierung eine Senkung der Krankheitsaktivität durch die Supplementation von n-3 LC-PUFA und Gamma-Linolensäure (ab 3 g/d) gegeben ist. Ferner konnte gezeigt werden, dass ein Langzeitverzehr der angereicherten Milchprodukte der krankheitsassoziierten Knorpel- und Knochenerosion ent-gegenwirkt.

Der Frage „Makuladegeneration – Ist eine Sehverbesserung durch gezielte Ernährung möglich?“ ging Dr. Jens DAWCZYNSKI (Universität Jena) nach. Aktuelle Untersuchungen konzentrieren sich auf die Möglichkeit der Verbesserung der Makulafunktion durch gezielte Zufuhr von Bestandteilen des Makulapigments wie Lutein und Zeaxanthin sowie n-3-Fettsäuren. Im Rahmen einer prospektiven, multizentrischen, randominisierten Doppel-Blindstudie mit ca. 200 Patienten werden sowohl der klinische Verlauf als auch die optische Dichte des Makulapignents sowie die Konzentration von Lutein und n-3- und n-6-Fettsäuren im Blutplasma unter Supplementation mit Lutein, DHA/EPA bzw. Lutein + DHA/EPA für die Dauer von einem Jahr untersucht. Bisherige Auswertung von 62 Patienten zeigen eine deutlich positiven Einfluss einer Supplementation auf die Anreicherung des Makulapigments sowie Stabilisierung des Visus, wodurch eine Supplementation mit Lutein/Zeaxantin und n-3-Fettsäuren auf den Krankheitsverlauf der trockenen AMD als positiv bewertet werden kann.

Mit der Problematik Multiple Sklerose (MS) und Ernährung befasste sich Dr. Rainer STANGE (Immanuel-Krankenhaus Berlin-Wannsee) in seinen Vortrag. Ein schlechter Versorgungszustand bezüglich mehrerer Makro- und Mikronährstoffe kann sich ungünstig auf Manifestation und/oder Verlauf der MS auswirken, deren Disposition unverändert auch auf einem deutlichen genetischen Hintergrund zu sehen ist. Vitamin D-Mangel kann als sicher promotionsbegünstigend angenommen werden. Eine geringe Aufnahme mariner n-3-Fettsäuren scheint sich sowohl auf Manifestation wie Verlauf ungünstig auszuwirken. Bislang nicht sicher im klinischen Versuch ist, ähnlich wie für rheumatische Erkrankungen, die Äquivalenz zwischen Fettsäuren mariner und pflanzlicher Herkunft, also EPA/DHA vs. Linolensäure.

Prof. Dr. Jürgen BAUER (Universität Erlangen) erläuterte Forschungsergebnisse zu Muskelfunktion im Alter und Prävention der Sarkopenie. Im Hinblick auf die Prävention der Sarkopenie im Alter kommt der Protein- und Vitamin-D-Zufuhr große Bedeutung zu. Eine niedrige Proteinzufuhr ist bei älteren Menschen mit einem über dem Altersschnitt liegenden Verlust an Muskelmasse assoziiert. Eine Stimulation der Muskelproteinsynthese ließ sich durch Zufuhr von Nahrungsproteinen nachweisen. Aufgrund der hohen Prävalenz niedriger Vitamin-D-Spiegel in der älteren Bevölkerung ist die Supplementation des Vitamin D sorgfältig zu erwägen. Der Erfolg ernährungstherapeutischer Maßnahmen lässt sich durch die Kombination mit körperlichem Training deutlich verbessern, wobei nach neueren Erkenntnissen neben dem klassischen Krafttraining auch Powertraining Anwendung finden sollte.

Der Beitrag von Prof. Dr. Motoi NISHI (Universität Hokkaido, Japan) widmete sich der Frage, warum die Japaner die ältesten Menschen der Welt sind. Er berichtete, dass im Jahre 1950 Japaner die kürzeste Lebenserwartung unter den Industrieländern hatten. Etwa 30 Jahre später erreichten sie den Spitzenplatz. Die Gründe hierfür liegen in der drastisch gesenkten Säuglings- und Tuberkulosemortalität. Nach dem Zweiten Weltkrieg passten sich japanischen Essgewohnheiten durch zunehmenden Verzehr von tierischem Eiweiß und Fett dem Western Style an. Einerseits wurde der Ernährungszustand verbessert, auf der anderen Seite ist eine signifikante Zunahme von Dickdarmkrebs und Diabetes-Erkrankungen zu verzeichnen. Sollten die gegenwärtigen Essgewohnheiten der japanischen Bevölkerung anhalten und damit die traditionelle asiatische Küche (n-3-FS, niedriger Fett-/Energiegehalt der Lebensmittel) verdrängt werden, ist mit einer weiteren Zunahme des metabolischen Syndroms zu rechnen.

Die Vorträge können als Sonderband (99 Seiten) zum Preis von 10,00 € zzgl. Porto bei der DGE Sektion Thüringen, Dornburger Str. 23, 07743 Jena, Tel: 03641/949749, Fax 03641/949742 oder per e-Mail: b9mawi@uni-jena.de bestellt werden. Quelle: DGE-Sektion Thüringen (09.03.10)

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