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Ballaststoffe und chronische Erkrankungen

  • 09.08.2013
  • News
  • Redaktion

Die Einflüsse von Ballaststoffen auf chronische Erkrankungen standen im Zentrum des 15. Wissenschaftlichen Workshops des gemeinnützigen Institut Danone Ernährung für Gesundheit e. V. (IDE). Der Workshop mit dem Titel „Top-Teams in Sachen Prävention“ fand Mitte Juni in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke statt.

Ballaststoffe haben vielfältige positive Wirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel. Besonderes Interesse gilt heute der Tatsache, dass einige Nahrungsfasern die Insulinsensitivität beim Menschen erhöhen und Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2), Übergewicht und Adipositas vorbeugen.

Auf dem wissenschaftlichen Workshop präsentierten acht Referenten einen Studienüberblick zur Substanz-Gruppe der Ballaststoffe. Im Einführungsvortrag zur Ballaststoff-Systematik verwies Prof. Helmut HESEKER, Universität Paderborn und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), darauf, wie wichtig ein „gesunder Mix aus Fasern“ sei und stützte sich dabei auf die DGE-Leitlinie zu den Kohlenhydraten. Bereits bekannt sei, dass Nahrungsfasern die Energiedichte der Nahrung reduzieren. Lösliche Nahrungsfasern beeinflussen die Mikrobiota (Darmflora) im Darm positiv und wirken günstig auf die LDL-Cholesterin-Konzentration im Blut. In den letzten Jahren sei durch die Epidemiologie bestätigt, dass eine hohe Zufuhr unlöslicher Ballaststoffe mit einem geringeren Körpergewicht und einer geringeren Inzidenz von Koronaren Herzkrankheiten oder DMT2 einhergeht.

Prof. Dr. Michael BLAUT, DIfE, und Prof. Remy MEIER, Kantonsspital Liestal, stellten die Wirkung der Ballaststoffe auf die Mikrobiota vor: Als Hauptenergiequelle der Darmbakterien beeinflussen Ballaststoffe die Zusammensetzung der Mikrobiota positiv. Kurzkettige Fettsäuren als Endprodukte der bakteriellen Fermentation zeigen anti-entzündliche Wirkungen und günstige Einflüsse auf den Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel. Trotz der individuellen Zusammensetzung der Mikrobiota aus über 400 bekannten, im Darm lebenden Spezies sind bei bestimmten Erkrankungen typische Veränderungen nachzuweisen. Deshalb wird erforscht, inwieweit sich künftig die Mikrobiota-Analyse als Diagnoseinstrument für den Nachweis bestimmter Krankheiten nutzen lässt.

Besonders eindrucksvoll ist heute der Zusammenhang zwischen Nahrungsfasern und DMT2 belegt. Verantwortlich dafür sind die im Darm gebildeten Peptidhormone Peptid YY (appetitsenkendes Hormon PYY) und GLP-1 (Glucagon-like-peptide 1) sowie sog. FFA2-Rezeptoren (free fatty acid receptor 2). Sie beeinflussen die Insulinsensitivität in den Geweben des Menschen. Nahrungsfasern wirken einer sinkenden Insulinsensitivität entgegen und verlangsamen den Anstieg des Blutzuckers.

Prof. Dr. Andreas PFEIFFER, Charité Berlin/ DIfE, präsentierte die genauen Zusammenhänge zwischen Ballaststoffen und Diabetesrisiko. Über unlösliche Ballaststoffe aus Hafer wissen Experten heute, dass sich die Insulinsensitivität unter ihrem Einfluss deutlich verbessert. „Zwei Portionen von Vollkornprodukten pro Tag senken das Diabetesrisiko um 20 %“, betonte Prof. PFEIFFER. Als sinnvoll für die Prävention von Adipositas erwiesen sich in Studien auch unlösliche Ballaststoffe aus Kleie. Diese These unterstützten auch die Epidemiologen Prof. Dr. Matthias SCHULZE und Prof. Dr. Heiner BOEING, beide vom DIfE. Die EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) belege einen inversen Zusammenhang zwischen Nahrungsfaseraufnahme und Gewichtszunahme, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Sterblichkeitsrisiko. Dabei wirken Nahrungsfasern v. a. gegen die Risikofaktoren chronischer Erkrankungen, wie hohen Blutdruck, erhöhte Gesamt- und LDL-Cholesterinwerte im Serum sowie Verschlechterung der Insulinsensitivität und Glukosetoleranz.

Frau Dr. SCHULZE-LOHMANN, DGE-Sektion Schleswig-Holstein, warnt, dass bei ungeschickter Lebensmittelauswahl die DGE-Empfehlung (30 g Ballaststoffe pro Tag, je zur Hälfte aus Getreideprodukten bzw. Obst und Gemüse) oftmals nicht erreicht wird. Vollkornvarianten für Brot, Mehl, Nudeln, Haferflocken aber auch Bulgur, Couscous oder die Neuzüchtung Beta-Gerste sind hingegen eine gute Wahl. Isolierte Ballaststoffe in Form von Kautabletten oder Pulver hingegen empfahl Dr. SCHULZE-LOHMANN nicht. Diese Produkte verändern eine sonst ungesunde Ernährungsweise nicht und können unerwünscht wirken (z. B. verstopfend). Mehr zu diesem Thema lesen Sie im Fortbildungsbeitrag „Ballaststoffe“ von Dr. SCHULZE-LOHMANN in Ernährungs Umschau 7/2012, S. 408–417.

Dass die Gesamtheit des ganzen Getreidekornes durch seine vielen löslichen, unlöslichen, bioaktiven und mineralischen Komponenten große Potenziale für Geschmack und Ernährung hat, zeigte zudem Dr. Ralph THOMANN, Institut für Getreideverarbeitung Nuthethal.

Prof. Dr. Günther WOLFRAM, Präsident des IDE, resümierte: „Dieses Wissen ist sehr wertvoll, wenn es um die Prävention der großen Zivilisationskrankheiten in Deutschland geht. Die Ballaststoff-Forschung liefert eine gute Beweislage für die Vorsorge bezüglich Diabetes Typ 2, Übergewicht und Adipositas. Es wäre gut, dieses Wissen stärker in die Bevölkerung zu tragen.“

Ein Bericht mit Kurzfassungen zu allen wissenschaftlichen Vorträgen kann kostenlos in der IDE-Geschäftsstelle angefordert werden. Der ausführliche Kongressbericht wird 2014 in der Zeitschrift „Aktuelle Ernährungsmedizin“ veröffentlicht. Quelle: Institut Danone Ernährung für Gesundheit e. V. (IDE), Pressemeldung vom 10.07.2013 (09.08.13)

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