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Nur sehr wenige Personen mit Lactoseintoleranz müssen komplett auf Lactose verzichten. © gpointstudio / iStock / Thinkstock

Unverträglichkeiten: Wann sind „frei von“-Lebensmittel sinnvoll?

  • 10.01.2018
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  • Redaktion

Immer mehr Menschen greifen zu Lebensmitteln, die frei von Gluten oder Lactose sind – ohne dass eine medizinische Notwendigkeit besteht, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Durch den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel kann es zu Veränderungen der Energie- und Nährstoffzufuhr kommen.

Für Zöliakiepatienten, Weizenallergiker, Menschen mit Weizen- beziehungsweise Glutensensitivität oder Lactoseintoleranz erleichtern glutenfreies Brot und lactosefreie Milch den Alltag. Wer an einer dieser Unverträglichkeiten leidet, für den ist der Verzicht auf die krankheitsauslösenden Inhaltsstoffe die einzig sinnvolle Therapie. Denn die Beschwerden lassen dadurch nach oder bleiben aus.

„Für alle anderen Personen haben sie keinen nachgewiesenen gesundheitlichen Nutzen“, urteilt die DGE in ihrem 13. Ernährungsbericht. Offensichtlich verbinden viele Verbraucher mit „frei von“-Lebensmitteln generell positive, gesundheitsfördernde Aspekte, wie eine Gewichtsabnahme oder generell gesundheitliche Vorteile. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ergab, dass rund 80 Prozent der Käufer von lactosefreien Lebensmitteln keine nachgewiesene Lactoseintoleranz haben.

Freiwilliger Verzicht ohne ärztlichen Befund nicht empfehlenswert

Zöliakie und Weizenallergie lassen sich heutzutage zweifelsfrei vom Facharzt nachweisen. Bei der Gluten- beziehungsweise Weizensensitivität liegen zwar ähnliche Symptome wie bei Zöliakie oder Weizenallergie vor. Unklar ist, ob es noch andere Auslöser im Weizen gibt. Die Diagnose stellt der Mediziner hingegen nur durch Ausschluss der Zöliakie und der Weizenallergie sowie der Durchführung einer glutenfreien Eliminationsdiät mit anschließendem kontrolliertem Provokationstest. Viele Verbraucher verzichten allerdings auf Weizenprodukte – ohne ärztlichen Befund, sondern aufgrund einer Selbstdiagnose, nach dem Motto: „Das vertrage ich nicht – das lasse ich lieber weg.“

Ein freiwilliger Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel bedeutet nicht automatisch eine gesundheitsfördernde Ernährung – so wie glutenfreie Lebensmittel teilweise beworben werden. Die Lebensmittel unterscheiden sich nicht nur in Geschmack und Preis. Durch das Weglassen des Glutens und Ausweichen auf andere Inhaltsstoffe bzw. Lebensmittel kommt es zu Veränderungen der Energie- und Nährstoffzufuhr. Diese sind nicht immer zugunsten des Verbrauchers. Einige glutenfreie Lebensmittel haben einen vergleichsweise höheren Fettgehalt, während der Anteil an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen geringer ist. Werden Weizen und andere glutenhaltige Getreidearten wie Dinkel, Grünkern, Roggen, Hafer und Gerste langfristig vom Speiseplan gestrichen, kann es zu einer geringeren Zufuhr an Ballaststoffen, B-Vitaminen, Magnesium, Zink und Eisen kommen. Beim Verzicht auf Vollkornprodukte bleiben die präventiven Effekte hinsichtlich der Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten und bestimmten Krebskrankheiten ungenutzt.

Komplett verzichten müssen die Wenigsten

Für den Begriff „lactosefrei“ gibt es derzeit keine gesetzliche Regelung. Die Lebensmittelindustrie bietet eine große Palette an Produkten mit dieser Bezeichnung an. Darunter befinden sich auch Lebensmittel wie Schwarzbrot, Zwieback oder Kochschinken, deren Lactosegehalt nur gering ist. Dies führt bei vielen Betroffenen zur Verunsicherung. Um sicher zu gehen, greifen sie zu gekennzeichneten, aber häufig teureren Produkten. Dabei hätte das herkömmliche Lebensmittel keinerlei Nachteile.

Milchzucker ist ein natürlicher, in Milch und daraus hergestellten Lebensmitteln, vorkommender Zucker. Eine Lactoseintoleranz ist eine der häufigsten Lebensmittelintoleranzen und führt zu Darmbeschwerden wie Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen oder Übelkeit. Nur sehr wenige Personen mit Lactoseintoleranz müssen komplett auf Lactose verzichten. Häufig vertragen sie kleine Mengen wie sie in einer Scheibe Käse, einem Joghurt oder in Fertigprodukten vorkommen.

Fazit

Das Weglassen einzelner Lebensmittel oder -gruppen erhöht grundsätzlich das Risiko für Nährstoffdefizite und kann langfristig zu gesundheitlichen Einschränkungen führen. Wer aus gesundheitlichen Gründen auf bestimmte Lebensmittel verzichten muss, bekommt bei einer qualifizierten Ernährungsfachkraft individuelle und alltagstaugliche Hilfe.

Quelle: DGE

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