Glutamat in Lebensmitteln

  • 13.08.2003
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  • Redaktion

Seit 1968 erstmals von Überempfindlichkeitsreaktionen nach dem Verzehr von Speisen in China-Restaurants berichtet wurde, ist der Geschmacksverstärker Natriumglutamat wiederholt als auslösendes Agens des sog. "China-Restaurant-Syndroms" verdächtigt worden. Eine aktuelle Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kommt jedoch zu dem Schluss, dass bei Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften keine Bedenken gegen die gelegentliche Verwendung geringer Mengen Glutamat bei der Zubereitung von Speisen bestehen. Die Verbindung käme auch natürlicherweise in Lebensmitteln vor. Allerdings rät das BfR von einem Einsatz als Kochsalzersatz ab: Abgesehen davon, dass Glutamate keinen typischen Salzgeschmack bewirken, sollten die Verbindungen nur als Geschmacksverstärker eingesetzt werden.

Das BfR begründet seine Einschätzung folgendermaßen: Glutamate sind durch internationale Expertengremien, das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) und den Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss der EU-Kommission (SCF) gesundheitlich bewertet und zur Verwendung in Lebensmitteln akzeptiert worden. Dabei wurde auch der Aspekt der möglichen Auslösung von Überempfindlichkeitsreaktionen behandelt.

Beide Gremien kamen diesbezüglich zu der Einschätzung, dass umfangreiche Untersuchungen englischer, italienischer und amerikanischer Autoren die Existenz einer China-Restaurant-Erkrankung oder von gehäuft nach Glutamat-Verzehr auftretenden Missempfindungen nicht bestätigen konnten, besonders dann nicht, wenn unter Ausschaltung subjektiver Kriterien vorgegangen wurde. Vielmehr wurde festgestellt, dass ähnliche Reaktionen auch durch den Verzehr bestimmter Speisen oder Getränke ohne Glutamat-Zusatz ausgelöst wurden.

Eine Untersuchung aus Australien hat diese Einschätzungen des JECFA und SCF bestätigt. Da allerdings auf Grund gewisser methodischer Schwierigkeiten auch mit dieser Studie nicht alle offenen Fragen beantwortet werden konnten, wurde die Diskussion über mögliche nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Glutamat weitergeführt, besonders lebhaft in der US-amerikanischen Öffentlichkeit.

Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat daraufhin eine gesundheitliche Neubewertung von Natriumglutamat veranlasst. Das beauftragte Expertengremium der Federation of American Societies for Experimental Biology (FASEB) hat festgestellt, dass ein zahlenmäßig nicht bekannter, geringer Prozentsatz der Bevölkerung auf den Verzehr von Natriumglutamat mit bestimmten Symptomen reagiert, die in der Regel vorübergehend und nicht lebensbedrohlich sind. Sie werden zusammengefasst als "Natriumglutamat-Symptom-Komplex" bezeichnet. Die Reaktionen treten bei diesen ansonsten gesunden Personen unter untypischen Verzehrsbedingungen, d. h. nach Verabreichung großer Mengen Natriumglutamat (3 g oder mehr) auf nüchternen Magen und in Abwesenheit von Lebensmitteln auf. Darüber hinaus weisen Personen mit schwerem Asthma möglicherweise eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Glutamat auf.

Das Gremium kam zu dem Ergebnis, dass für eine abschließende Beurteilung weitere Informationen und Untersuchungen notwendig sind, vor allem Doppelblindstudien mit einer großen Zahl von Probanden. Eine Veröffentlichung der FDA, in der die wesentlichen Ergebnisse des FASEB-Berichts aus dem Jahr 1995 zusammengefasst sind, steht im Internet zur Verfügung.

L-Glutaminsäure und ihre Salze, die Glutamate (E 620-625), finden in der Lebensmittelproduktion als Geschmacksverstärker Verwendung. Sie gehören zu den EU-weit zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffen. Ausgenommen von dieser Zulassung sind z. B. Milch, nicht emulgierte Öle und Fette, Teigwaren, Kakao- und Schokoladenerzeugnisse sowie Fruchtsäfte.

Bei einzelnen Personen können nach dem Genuss von Glutamat Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten. Verpackte Lebensmittel, denen Glutamat zugesetzt ist, müssen deshalb nach der Lebensmittel-Kennzeichnungs-Verordnung den Hinweis „Geschmacksverstärker“ tragen, gefolgt von der Verkehrsbezeichnung, d. h. ihrem Stoffnamen oder der entsprechenden E-Nummer (E 620 bis E 625). Die Kennzeichnungspflicht gilt auch für „lose“ Ware sowie für Kantinen- und Gaststättenverpflegung, wo ein entsprechender Hinweis auf der Speisekarte erforderlich ist. Damit hat der Verbraucher die Möglichkeit, die so gekennzeichneten Lebensmittel zu meiden und sich aktiv vor Überempfindlichkeitsreaktionen zu schützen. 13.08.03

 

vm.cfsan.fda.gov/~lrd/msg.html

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