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EU-Ausgabe 06 erschienen: Editorial über die erntefrische Realsatire

  • 14.06.2019
  • News
  • Dr. Udo Maid-Kohnert

Als bekennender Konsument politischer Satiresendungen kann ich mich über langweilige Zeiten wahrlich nicht beklagen. Vor allem die Realsatire außerhalb der festen TV-Sendezeiten und der Online-Angebote hat nicht erst im Umfeld der Europawahl stark zugenommen. Was da von Profi-PolitikerInnen des Parteienspektrums minütlich in die Welt gesetzt, nachträglich als missverstanden umgedeutet oder (zur Sicherheit gleich mit gesperrter Kommentarfunktion) dementiert wird, kann bei zarten Gemütern schon zu Schnappatmung führen. Wer bislang noch bequem in Richtung USA zeigte, wenn es um absurde Politspektakel, Egomanie und fehlenden Realitätsbezug ging, be-kommt diese „Güteklasse“ jetzt erntefrisch ganz regional aufgetischt.

Die festen Rollenverteilungen bröckeln: InfluencerInnen finden mehr Gehör als BierzeltrednerInnen und LuftballonverteilerInnen in den Fußgängerzonen, SchülerInnnen pauken nicht nur die Grundgedanken der repräsentativen Demokratie, sondern praktizieren diese und WissenschaftlerInnen und Fachgesellschaften fordern doch tatsächlich, dass auf der Basis der von ihnen dargelegten Evidenzen endlich Entscheidungen getroffen werden:

  • zum Beispiel zum Erhalt unseres planetaren Ökosystems1
  • zur Primärprävention nicht übertragbarer Krankheiten2
  • oder zur wirksamen Nährwertkennzeichnung (NWK) von Lebensmitteln

Bei letzterem Thema war die ERNÄHRUNGS UMSCHAU ein kleiner Teil der Dynamik: Die in der Mai-Ausgabe erschienene Studie zur Wirksamkeit der Nutri-Score-Kennzeichnung bei deutschen VerbraucherInnen wurde in einer foodwatch-Pressekonferenz zur NWK aufgegriffen. Erfolg: Ging das Max Rubner-Institut (MRI) noch im April von einer mehrjährigen Entwicklungsphase für ein eigenes NWK-Modell aus3, so stellte es sein Modell, das in unterkühltem Türkis offensichtlich voll auf die Vermeidung von Farbpsychologie setzt, nun bereits vor und das Ernährungsministerium plant eine Verbraucherbefragung auch zu diesem Modell bereits für diesen Sommer.

Spannende Zeiten also und keine Zeit für die Sommerpause, weder für BerufspolitikerInnen noch für uns VerbraucherInnen: Wer angesichts drängender Herausforderungen Jahre bis Jahrzehnte verbummelt bzw. sich zwischen Lobby-Seilschaften verheddert hat, muss eben nacharbeiten. Und wer seinen Lebens- und Ernährungsstil bislang noch nicht reflektiert hat, kann ja beim nächsten Grillabend mal ein Steak gegen leckeres Grillgemüse austauschen.

Lassen Sie es sich schmecken!

Ihr Dr. Udo Maid-Kohnert
Redaktionsleiter

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1 => Hierzu erscheint in der Juli-Ausgabe ein Themenspecial „Welternährung“, u. a. mit Statements zum EAT- Lancet-Report.
2 URL: www.dank-allianz.de/files/content/dokumente/150612_DANK-Strategiepapier.pdf  Zugriff 28.05.19
3 => vgl. die Chronologie zum Front-of-Pack-Labeling in Ernährungs Umschau 5/2019, S. M256 und auf Seite M323 in diesem Heft

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