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BfR stuft den massiven Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion als bedenklich ein

  • 16.01.2012
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Fotolia.com Eine Stichprobe des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat für
Aufregung gesorgt: Auf 10 von 20 gekauften Fleischproben sind ESBL-Keime gefunden worden, 2 Proben waren mit MRSA-Keimen belastet. Bereits im Rahmen des Zoonosen-Monitorings 2009 hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Resistenzsituation von Zoonose-Erregern und kommensalen Keimen analysiert.

Von 629 untersuchten Proben Hähnchenfleisch waren 22,3 % MRSA-verdächtig. In repräsentativen Erhebungen im Jahr 2009 wurden bei Nutztieren und in Lebensmitteln zu einem geringen Anteil auch ESBL-verdächtige kommensale E. coli nachgewiesen.

Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sind Keime, die beim Menschen u. a. Wundinfektionen und Entzündungen der Atemwege hervorrufen können und gegen bestimmte Antibiotika resistent sind. Bisher trat der Keim v. a. in Krankenhäusern auf. In den bisher nur wenigen bekannten Fällen, bei denen eine MRSA-Infektion des Menschen auf Lebensmittel zurückgeführt werden konnte, sind die Lebensmittel durch infizierte Personen verunreinigt worden.

ESBL-bildende Bakterien (extended-spectrum beta-lactamases; Beta-Laktamasen mit erweitertem Wirkungsbereich) können einige Antibiotika, wie Penicilline und Cephalosporine der 3. und 4. Generation durch Enzyme zerstören und sind dadurch gegen diese Wirkstoffe unempfindlich. Da ESBL-bildende Bakterien auch in Nutztierbeständen nachgewiesen wurden, ist eine Infektion von Menschen mit ESBL-bildenden Erregern über Lebensmittel nach Ansicht des BfR möglich. Wie bedeutend der Beitrag der Infektionsquellen Lebensmittel, Nutz- und Haustiere sowie der Bereich Nutztierbestände in der Landwirtschaft für die ESBL-Problematik bei Erkrankungen des Menschen ist, lässt sich aus den bisher vorliegenden Daten nicht abschätzen. Aus den vorliegenden molekularbiologischen Erkenntnissen ist aber bereits jetzt abzuleiten, dass ein Gesundheitsrisiko für den Menschen von ESBL-bildenden Bakterien aus der Tierhaltung besteht.

Eine besondere Problematik liegt in der Übertragbarkeit der Gene für die Antibiotikaresistenz zwischen verschiedenen Bakteriengruppen. Resistenzgene, die über harmlose Darmbewohner in den Darm des Menschen gelangen, können dort auf andere Keime übertragen werden, die dann im Falle von Infektionen schwerer zu behandeln sind.

Im Rahmen des Zoonosen-Monitorings 2009 waren auf 22,3 % der Hähnchenfleischproben, 42,2 % der Putenfleischproben, 15,8 % der Schweinefleischproben und 12,9 % der Kalbfleischproben MRSA nachgewiesen worden. Von den untersuchten E. coli-Keimen und Salmonellen vom Hähnchenfleisch waren ca. 5–6 % resistent gegen Cephalosporine, ein Befund, der meist auf die Bildung von ESBLs zurückzuführen ist. Auch in früheren Untersuchungen des BfR war bereits mehrfach auf das Vorkommen von resistenten Keimen im Fleisch hingewiesen worden.

Die Keime auf dem Fleisch stammen überwiegend aus der Tierhaltung. Hier werden seit einigen Jahren im Rahmen von Untersuchungen in den Beständen von den zuständigen Behörden der Bundesländer MRSA und zunehmend auch ESBL verdächtige E. coli und Salmonellen nachgewiesen. Diese können während der Schlachtung vom Tier auf das Fleisch übertragen werden.

Das BfR begrüßt das Maßnahmenpaket, das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) vorgestellt wurde (s. hierzu auch Artikel aus EU 01/11, S. 8) und empfiehlt die Anwendung von Antibiotika, insb. von Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin, in der Tierproduktion kritisch zu hinterfragen. Haltung und Management der Tierbestände müssen so verbessert werden, dass die Tiere gesund bleiben und eine Behandlung nicht erforderlich ist. Die Methoden der Schlachtung müssen so weiterentwickelt werden, dass die Übertragung von Keimen von den Tieren auf die Lebensmittel verringert wird. Den Verbrauchern empfiehlt das BfR, Fleisch nur gut durcherhitzt zu verzehren und durch Küchenhygiene eine Übertragung von Keimen auf andere Lebensmittel zu verhindern. Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Pressemeldung vom 10.01.2012 (16.01.12)

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