Gesundheitliche Bedeutung der Fettzufuhr - DGEM-geleiteter Expertenkonsens

  • 17.08.2009
  • News
  • Redaktion

Die Zusammenfassung des DGEM-geleiteten Expertenkonsens wurde in der April-Ausgabe der Ernährungs Umschau auf Seite 199 dargestellt. Den Originaltext mit den entsprechenden Empfehlungen bilden wir im folgenden ab.

Unter der Schirmherrschaft der International Union of Nutritional Sciences und der World Heart Federation hat Anfang Februar 2009 eine Gruppe von internationalen Wissenschaftlern eine Stellungnahme zur gesundheitlichen Bedeutung der Fettzufuhr erarbeitet. Auf der Grundlage dieser Stellungnahme diskutierten Fachleute aus Deutschland1 unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. am 16. Februar 2009 in Berlin diese Themen und sprachen die folgenden Empfehlungen für die deutsche Bevölkerung aus.

Ernährungsempfehlungen

• Ziel von Ernährungsempfehlungen ist es, den Nährstoffbedarf zu decken und gleichzeitig der Entwicklung von chronischen Erkrankungen entgegen zu wirken und Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.
• Die Menge an verzehrtem Nahrungsfett trägt wesentlich zur Energieaufnahme bei und sollte im Einklang mit dem Energieverbrauch stehen, um ein normales Gewicht zu erreichen bzw. zu halten.
• Die Fettqualität in der Ernährung ist wichtig für Wachstum und Entwicklung, und sie hat einen entscheidenden Einfluss auf den Cholesteringehalt im Blut, auf die Bildung wichtiger Zellbotenstoffe, und auf das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle.
• In Übereinstimmung mit maßgeblichen nationalen und internationalen Institutionen und auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse werden zur Förderung der lebenslangen Gesundheit die folgenden Empfehlungen für den Fettverzehr gegeben, die ab einem Alter von ungefähr zwei Jahren gelten:
o Fette sollten nicht mehr als 30-35 % der Energieaufnahme liefern;
o Gesättigte Fettsäuren sollten nicht mehr als 10 % der Energieaufnahme liefern;
o Essenzielle, mehrfach ungesättigte Fettsäuren sollten
etwa 7 bis 10 % der Energieaufnahme liefern;
o Trans-Fettsäuren sollten weniger als 1 % der Energieaufnahme ausmachen;
o Die restliche Energie aus Fetten sollte durch einfach ungesättigte Fettsäuren
geliefert werden.

Lebensmittel

• Die Hauptquellen gesättigter Fettsäuren sind fetthaltige Milchprodukte (Butter, Vollmilch, Sahne und fette Käsesorten), fette Fleischwaren und tierische Fette wie Schweineschmalz, die pflanzlichen Fette Palmöl, Palmkernfett und Kokosfett (z. B. Platten- bzw. Frittierfette) sowie fettreiche Snacks (z. B. Pommes frites, Kuchen, viele fettreiche Feinbackwaren und Süßigkeiten).
• Die wichtigsten beeinflussbaren Quellen von trans-Fettsäuren sind partiell gehärtete Öle. Fette aus Rind- und Lammfleisch sowie Butter, Milch und andere Milchprodukte weisen natürlich vorkommende trans-Fettsäuren auf.
• Wichtige Quellen ungesättigter Fette sind Pflanzenöle wie Rapsöl, Olivenöl, Walnussöl, Sojaöl, fetter Seefisch, Nüsse, Samen und aus diesen hergestellte Produkte wie z.B. (weiche) Margarinen und andere pflanzliche Streichfette.
• Viele Hersteller haben in den letzten Jahren den Anteil gesättigter Fettsäuren und trans-Fettsäuren in Lebensmitteln deutlich gesenkt. Weitere Anstrengungen zur Reduzierung des Gehalts an gesättigten und trans-Fettsäuren sind jedoch notwendig, insbesondere in der Gemeinschaftsverpflegung und in Fertigprodukten. Wo immer möglich sollten diese Maßnahmen mit einer gleichzeitigen Steigerung des Anteils ungesättigter Fettsäuren einhergehen.
• Durch einfache Änderungen der Nahrungsauswahl, wie z. B. durch den Austausch von fettreichen Produkten gegen fettärmere Alternativen, von fettem Fleisch gegen mageres Fleisch oder gegen Fisch, von fetten gegen fettärmeren Käsesorten und die Wahl von pflanzlichen Fetten anstelle tierischer Fette bei der Speisenzubereitung bzw. bei Lebensmitteln lässt sich ein erheblicher Nutzen erreichen. Die hierdurch erzielte verminderte Gesamtfettzufuhr und verbesserte Fettzusammensetzung der Ernährung kann signifikant dazu beitragen, das Risiko von Übergewicht und von Herz- und Gefäßkrankheiten in der Bevölkerung zu senken.

Verbraucherwissen und -verhalten

• Viele Menschen sind nicht gut über die Bedeutung der Fettqualität in der Ernährung und die in Lebensmitteln enthaltenen unterschiedlichen Fette informiert. Die meisten Menschen verzehren zu viele gesättigte und trans-Fettsäuren und zu wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Diese Verzehrsgewohnheiten stehen nicht im Einklang mit aktuellen Empfehlungen für eine optimale Gesundheitsförderung.
• Verbrauchern sollten Wege aufgezeigt werden, wie sie die Aufnahme von gesättigten Fetten verringern und den Anteil an ungesättigten Fettsäuren in ihrer Ernährung erhöhen können – auf eine praktikable, einfache Art und Weise. Diese Veränderungen sollten langfristig wirken.
• Besonders wirksam ist es, anhand konkreter Beispiele aufzuzeigen, wie Lebensmittel mit einem hohen Anteil an ungünstigen Fetten (z. B. Butter, fetter Käse, fette Fleischwaren, viele Feinbackwaren und frittierte Produkte) durch Lebensmittel mit geringerem Gehalt an gesättigten und trans-Fettsäuren und vorzugsweise höherem Anteil an einfach bzw. mehrfach ungesättigten Fettsäuren ersetzt werden können.
• Wichtig sind ebenso klare Informationen auf den Produktverpackungen, die dem Verbraucher einfach und verständlich wesentliche Nährstoffgehalte einschließlich des Energiegehaltes und der Zusammensetzung der Fette aufzeigen.
• Lebensmittelindustrie und –handel, Gastronomie und Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung sollten mit Experten im Bereich Gesundheit und Ernährung eng zusammenarbeiten, um eine sinnvolle und angemessene Information der Verbraucher sicherzustellen – basierend auf aktuellen Empfehlungen zur Reduktion des Verzehrs an gesättigten und trans-Fettsäuren. Hierdurch soll eine bevorzugte Auswahl gesundheitlich vorteilhafter Lebensmittel erleichtert werden.
• Experten im Bereich Gesundheit und Ernährung sollten auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wichtiger Gesundheitsziele die Kommunikation über Ernährung fördern und einheitliche, einfache und praktikable Botschaften verwenden. Sie sollten auch eine Zusammenarbeit mit der Ernährungsindustrie, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen suchen.
• Ärzte und andere Mitarbeiter des Gesundheitswesens sollten ihre Verantwortung wahrnehmen, Patienten korrekt und auf der Basis aktueller Ernährungsempfehlungen zu informieren und bei der Umsetzung dieser Empfehlungen zu unterstützen. Sie sollten ihre Patienten bei der Auswahl von Nahrungsfetten beraten, ebenso wie auch bei anderen Präventionsmaßnahmen. Sie sollten Fortbildungsangebote wahrnehmen, um eine bessere Beratung zur Ernährung geben und ggf. den Patienten Wege zu qualifizierter Ernährungsberatung aufzeigen zu können.
• Wissenschaftler, Ärzte, staatliche Institutionen und Behörden, Fachgesellschaften und andere Nichtregierungsorganisationen, die Ernährungsindustrie und die Medien sollten die Verbreitung von einfachen, effektiven und belegten Maßnahmen zur Verbesserung der Fettqualität unterstützen und sich für die notwendigen Veränderungen in der Ernährung zur Prävention von chronischen Erkrankungen und zum Erreichen einer optimalen Gesundheit einsetzen.

Literatur:
DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt am Main, Umschau Braus Verlag, 3. korrigierter Nachdruck 2008
Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Leitlinie Fett kompakt. Bonn, DGE 2008
(Langform: www.dge.de/modules.php)
International Union of Nutritional Sciences, World Heart Federation. Health Significance of Fat Quality of the Diet. Summary Statement of the International Expert Meeting, Barcelona, 2009
Joint WHO/FAO Expert Consultation on Diet, Nutrition and the Prevention of Chronic Diseases. Diet, nutrition and the prevention of chronic diseases: report of a joint WHO/FAO expert consultation. World Health Organisation, Geneva, WHO Technical Report Series 2003; 916:1-149
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (22.07.09)

1 Prof. Dr. Berthold Koletzko, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (Vorsitz); PD Dr. Michael Adolph, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin; Dr. Margret Büning-Fesel, aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e.V.; Dagmar von Cramm, Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Prof. Dr. Helmut Heseker, Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Arne Kirchem, Unilever Deutschland GmbH; Dorothee Lennert, Stiftung Warentest; Prof. Dr. Ursel Wahrburg, Fachhochschule Münster; Stephanie Wetzel, Deutscher Hausfrauenbund; Dr. Astrid Potz, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbaucherschutz.Prof. Dr. Berthold Koletzko, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (Vorsitz); PD Dr. Michael Adolph, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin; Dr. Margret Büning-Fesel, aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e.V.; Dagmar von Cramm, Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Prof. Dr. Helmut Heseker, Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Arne Kirchem, Unilever Deutschland GmbH; Dorothee Lennert, Stiftung Warentest; Prof. Dr. Ursel Wahrburg, Fachhochschule Münster; Stephanie Wetzel, Deutscher Hausfrauenbund; Dr. Astrid Potz, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

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