Wildschwein mit zwei Trichinellenarten infiziert

  • 21.02.2006
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  • Redaktion

Wissenschaftler des Bundesinstitut für Risikobewertung haben bei einem Wildschwein eine Mischinfektion mit dem eingekapselten klassischen Schweineparasiten Trichinella spiralis und der nicht eingekapselten Spezies Trichinella pseudospiralis diagnostiziert. Der bisher weltweit einmalige Fund hat Auswirkungen auf die Fleischbeschau: Die klassische Untersuchung mit dem Trichinoskop reicht für den Nachweis von Trichinella pseudospiralis nämlich nicht aus. Eine Infektion mit den Parasiten kann für den Menschen im schlechtesten Fall tödlich verlaufen.

Bislang war die nicht eingekapselte Spezies nur im Ausland und dort zumeist bei fleischfressenden Vögeln und Wildtieren nachgewiesen worden. Jetzt haben die Wissenschaftler den Parasiten aus dem Fleisch eines Wildschweines isoliert, das auf der Insel Usedom erlegt wurde. Die Konzentration der im Muskelfleisch gefundenen Trichinellen war mit mehr als 900 Larven sehr hoch.

Wildschweine sind Allesfresser. Vermutlich gelangt der Erreger in das Tier, wenn es infizierte Kadaver verendeter Wildtiere oder Vögel frisst. Während Tiere mit Trichinenbefall keine Krankheitssymptome zeigen, können sowohl Trichinella spiralis als auch Trichinella pseudospiralis beim Menschen schwere Erkrankungen hervorrufen.

Obwohl die deutschen Hausschweinbestände trichinenfrei sind, erkranken in Deutschland immer wieder Menschen an der Trichinellose. Ursache für eine Infektion mit dem Parasiten ist meist der Verzehr von Produkten wie Rohwurst oder Mett, die aus Schweinefleisch ausländischer Herkunft hergestellt wurden. Eine zweite Quelle sind Rohwurst, roher Schinken oder Mett aus dem Fleisch von infizierten Wildschweinen. Larven, die auf diesem Weg aufgenommen wurden, entwickeln sich in der Dünndarmschleimhaut des Menschen zu Würmern, deren Larven sich anschließend im Muskelgewebe "einnisten". Die Erkrankung beginnt mit Magen-Darm-Beschwerden und geht später mit allergischen Symptomen und Fieber einher. Ödeme bilden sich aus und es kommt zu Muskelschmerzen. Die Infektion kann tödlich verlaufen, vor allem, wenn die Zwerchfellmuskulatur oder der Herzmuskel betroffen sind.

Die Trichinenuntersuchung ist deshalb Pflicht und wird im Rahmen der Fleischuntersuchung durchgeführt. Der Fund von Usedom bedeutet, dass Wildschweinfleisch künftig auch auf einen Befall mit Trichinella pseudospiralis untersucht werden muss. Hierfür reicht die klassische Untersuchung mit dem Trichinoskop nicht aus: Im Gegensatz zu Trichinella spiralis fehlt Trichinella pseudospiralis nämlich die typische Kollagenkapsel. Die Larven können deshalb leicht mit Muskelfasern verwechselt werden. Sicher entdeckt wird ein Befall mit diesem Erreger nur durch die Untersuchung von künstlich vorverdauten Proben unter dem Mikroskop. Dort sind die einzelnen Larven dann deutlich sichtbar. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt Jägern, das Fleisch der von ihnen erlegten Tiere vor der Abgabe zum Verzehr von Einrichtungen untersuchen lassen, die diese Nachweismethode beherrschen.

Zwar ist die Wahrscheinlichkeit eines Trichinellenfundes beim Wildschwein in Deutschland mit 1 : 50000 eher niedrig. Wenn das Fleisch eines infizierten Tieres in den Verkehr kommt, sind die Konsequenzen aber gravierend, weil sich zumeist mehrere Menschen infizieren und erkranken. Die vollständigen Ergebnisse der Untersuchung werden in Kürze in der wissenschaftlichen Zeitschrift Veterinary Parasitology veröffentlicht. (21.02.06)

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