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Salmonellen könnten in Zukunft zur Behandlung von Tumoren genutzt werden. © HZI / Rohde

Salmonellen gegen Krebs: Erreger mit Mehrwert

  • 22.04.2015
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Salmonellen sind vor allem dafür bekannt, über eine Lebensmittelinfektion beim Menschen Magen-Darm-Beschwerden hervorzurufen. Wissenschaftlern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig ist es nun gelungen, die Erreger so zu verändern, dass sie anfangs eine aggressive Anti-Tumor-Wirkung besitzen.

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Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in der westlichen Welt. Trotz der Fortschritte bei etablierten Behandlungen wie Bestrahlung oder Chemotherapie nimmt die Zahl der Erkrankungen zu. Die Wissenschaft arbeitet daher an neuen Therapieformen, die manchmal auf den ersten Blick eher eine Verschlimmerung der Situation eines Patienten vermuten lassen.

Dies trifft auch auf die am HZI erforschte bakterienvermittelte Tumortherapie mit Salmonellen zu. Tatsächlich sei diese Methode ein Drahtseilakt und man könne bei dieser Behandlung nicht mit Bakterien arbeiten, die vollkommen harmlos sind, so Dr. Siegfried Weiß, Leiter der Abteilung Molekulare Immunologie am HZI.

Die bakterielle Aggressivität beeinflussen

In eine Vene injiziert, lösen Salmonellen im Körper eine spontane Immunreaktion aus. Viele Zellen des Immunsystems erkennen die Eindringlinge sofort und alarmieren den Körper durch die Ausschüttung von Botenstoffen. „Dies führt zu einer Unterbrechung der Sauerstoffversorgung im Tumor. Außerdem kommt es zu einer Besiedlung des Tumors durch die Bakterien“, sagt Weiß. Die Behandlung führt zwar in Mäusen oft zu einem kompletten Rückgang von Tumoren. Allerdings stellt die aggressive Natur der Salmonellen oft ein größeres Problem für die Tiere dar als der Krebs.

„Selbst wenn die Bakterien von Immunzellen aufgenommen werden, entgehen sie dort der sonst stattfindenden Eliminierung. So können sie sich sogar in den Zellen vermehren. Dadurch kommt es zu einer Ausbreitung der Infektion“, sagt Dr. Michael Frahm, Erstautor der in der Fachzeitschrift mBio veröffentlichten Studie.

Die Forscher beeinflussten die bakterielle Aggressivität der Salmonellen, indem sie die Erreger so veränderten, dass sie nur in Gegenwart eines bestimmten Zuckers in einem Nährmedium wie die ursprünglichen Salmonellen wachsen. Sobald sie aber injiziert werden und der Zucker fehlt, wandeln sie sich innerhalb weniger Stunden in eine harmlosere Variante um.

„Das Besondere ist, dass das Immunsystem so zunächst stark reagiert, aber anschließend die harmlosen Bakterien erfolgreich eliminieren kann. Die Bakterien wandern jedoch trotzdem in den Tumor ein“, sagt Frahm. Da die Salmonellen ihre Aggressivität verlieren, kommt es nur zu geringen Komplikationen. Der Anti-Tumor-Effekt bleibt jedoch bestehen. Nun gelte es, diesen Ansatz weiter zu untersuchen und zu optimieren.



Weitere Informationen:

Michael Frahm, Sebastian Felgner, Dino Kocijancic, Manfred Rohde, Michael Hensel, Roy Curtiss III, Marc Erhardt, Siegfried Weiss. Efficiency of Conditionally Attenuated Salmonella enterica Serovar Typhimurium in Bacterium-Mediated Tumor Therapy mBio, 2015, DOI: 10.1128/mBio.00254-15

http://www.helmholtz-hzi.de

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