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Kaiserschnitt erhöht das Risiko für Typ 1 Diabetes

  • 23.03.2012
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Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt kommen, haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Diabetes mellitus Typ 1 (DMT1) als Kinder, die spontan entbunden werden. Dies ergaben neueste Auswertungen der Langzeit-Studie BABYDIAB der Forschergruppe Diabetes der TU München.

In der Studie BABYDIAB wurde der Einfluss von Umweltfaktoren auf die Entwicklung der Erkrankung bei 1650 Kindern, deren Mutter oder Vater an Diabetes mellitus Typ 1 (DMT1) erkrankt ist, untersucht. Die Studienteilnehmer wurden von Geburt an durchschnittlich 11 Jahre lang beobachtet. Eine Erklärung sehen die Forscher in der Tatsache, dass eine Entbindung per Kaiserschnitt die Zusammensetzung der kindlichen Darmflora verändert und damit die Entwicklung von Autoimmunität begünstigt. Unter den Mikroorganismen, die den Darm besiedeln, lassen sich bei Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt kamen, z. B. weniger Bifidobakterien nachweisen. Somit ähnelt die Darmflora dieser Kinder der gestörten Darmflora von Diabetikern.

Laut BABYDIAB beträgt das Risiko bis zum 12. Lebensjahr an DMT1 zu erkranken bei Kindern mit familiärer Vorbelastung, die per Kaiserschnitt geboren wurden, 4,8 %. Dagegen liegt das Risiko von Kindern aus Risikofamilien, die vaginal entbunden wurden, bei 2,2 %. Das erhöhte Diabetes-Risiko bei Kaiserschnitt trat unabhängig davon auf, ob es sich um eine Mehrlingsschwangerschaft, Frühgeburt oder um das Erstgeborene handelte. Auch der Geburtsmonat und Rauchen während der Schwangerschaft hatten keinen Einfluss.

Ein größeres Diabetes-Risiko durch Kaiserschnitt war auch nachweisbar bei Kindern mit bestimmten Varianten des Gens IFIH1 (Interferon induced with helicase C domain 1), das die Entwicklung von DMT1 beeinflusst. IFIH1 ist für die Erkennung von Virus-RNA zuständig und reguliert somit die angeborene Immunabwehr gegenüber Viren. Man nimmt an, dass eine Virusinfektion das IFIH1-Gen aktiviert und es dadurch zur Ausschüttung des immunstimulierenden Proteins Interferon kommt. Dies hemmt zwar die Virusvermehrung, jedoch lockt es auch die zytotoxischen T-Zellen an, die vermutlich Betazellen erkennen und zerstören. Somit scheinen Virusinfektionen die Entwicklung von DMT1 zu fördern. Bei Kindern mit bestimmten Varianten dieses Gens steigt das Risiko für die Autoimmunerkrankung bei einem Kaiserschnitt sogar um etwa das Dreifache (9,1 % gegenüber 2,8 % bei spontaner Entbindung).

Ein Kaiserschnitt beeinflusst jedoch nicht das Risiko für die Entstehung von Inselautoimmunität und die Bildung von Autoantikörpern. Allerdings beschleunigt die Geburt per Kaiserschnitt offenbar die Entstehung von Diabetes nach dem Auftreten erster Autoantikörper.
Literatur: Bonifacio E, Warncke K, Winkler C et al. (2011) Cesarean Section and Interferon-Induced Helicase Gene Polymorphisms Combine to Increase Childhood Typ1 Diabetes Risk. DIABETES 60: 3300–3306. Quelle: diabetesDE, Februar 2012 (23.03.12)

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