Bundesgerichtshof: Freiheit für funktionelle Zutaten

  • 26.01.2011
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  • Redaktion

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit dem Urteil vom 15. Juli 2010, dessen Entscheidungsgründe nunmehr vorliegen, entschieden, dass die Gleichstellung ernährungsphysiologischer Stoffe mit den Zusatzstoffen, und damit deren Verbot gemäß Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), europarechtswidrig ist. Die deutsche Vorschrift ist somit nicht mehr anwendbar. Auch das Vorhaben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), die Vorschrift des LFGB neu zu fassen, wird damit vor nahezu unüberwindbare Hindernisse gestellt.

Der Bundesgerichtshof unterstellte für seine Entscheidung, dass der Vertrieb der funktionellen Zusatzstoffe gegen das LFGB verstoßen würde. Dennoch sei der Vertrieb nicht unzulässig, da diese Vorschrift mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht vereinbar sei. Ein generelles Verbot bestimmter Zutaten sei nationalstaatlich nicht zulässig. Die Entscheidung wird Auswirkungen auf die weiteren Verbote des LFGB haben. Denn auch für die dort genannten Stoffe (Aminosäuren, Mineralstoffe, Vitamine A und D) besteht kein Zulassungsverfahren, das den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs entsprechen würde.

Versuche des BMELV, mit einem Änderungsgesetz die Vorschrift des LFGB noch zu verschärfen, sind damit endgültig gescheitert. Es ist nicht vorstellbar, wie das bisherige generelle Verbot (mit bloßem Erlaubnisvorbehalt) europarechtskonform ausgestaltet werden könnte. Allenfalls käme ein Verbot einzelner Stoffe oder Stoffgruppen nach einer umfassenden Risikoanalyse in Betracht. Die Bedeutung der Entscheidung für die Praxis kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Viele Auseinandersetzungen mit der Lebensmittelüberwachung oder Wettbewerbern werden sich damit erübrigen. Es bleibt jedoch zugleich natürlich bei dem Grundsatz, dass gemäß Art. 14 der Basisverordnung 178/2002 nur sichere Zutaten in Lebensmitteln verwendet werden dürfen. Quelle: meyer // meisterernst Rechtsanwälte, Newsletter 01/2011. (26.01.11)

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