© Iryna Kurhan / Hemera / Thinkstock
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Ernährung und Persönlichkeit: Vegetarier leben vorurteilsfreier und denken weniger autoritär

  • 27.07.2015
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  • Redaktion

Menschen, die Fleisch und andere tierische Produkte essen, neigen eher zu Vorurteilen als Gemüsefans. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz in einer aktuellen Studie. Die Forscher haben für ihre Arbeit die Zusammenhänge zwischen Ernährungsform und Einstellungen gegenüber anderen Menschen veröffentlicht. Interessant dabei: Auch das Geschlecht und das Alter sind relevant, wie stark Vorurteile und Hierarchien im Leben der Probanden eine Rolle spielen.

Zunehmend mehr Menschen ernähren sich von pflanzlicher Nahrung sowie Milch und Eiern, verzichten aber auf den Konsum von Fleisch und Fisch. Auch die vegane Ernährungsform, also der ausschließliche Verzehr von nur pflanzlichen Produkten, gewinnt an Beliebtheit.

Die Studie „Diet, authoritarianism, social dominance orientation, and predisposition to prejudice“ hat diesen Trend unter gesamtgesellschaftlichen Aspekten untersucht: Gibt es Zusammenhänge zwischen den Ernährungsgewohnheiten eines Menschen und den Einstellungen dieser Person gegenüber anderen Menschen? Haben Menschen, die Fleisch und tierische Produkte konsumieren, mehr Vorurteile gegenüber anderen sozialen Gruppen und Minderheiten als Vegetarier oder Veganer? Wie ausgeprägt ist ihr autoritäres und hierarchieorientiertes Denken?

Männer und Ältere hegen mehr Voruteile
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Vegetarisch lebende Männer halten noch weniger an Althergebrachtem fest als Vegetarierinnen. © Ingram Publishing / Thinkstock

Unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Singer vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz und Psychologin Petra Veser von der Universität Wuppertal, kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass Menschen, die sich omnivor ernähren, also sowohl Getreide, Gemüse und Obst als auch Fleisch, Fisch, Milch und Eier verzehren, tatsächlich eher zu Vorurteilen neigen als Vegetarier. Außerdem befürworten sie innerhalb von Gruppen eher autoritäre Strukturen und Hierarchien.

Bei Männern war der Unterschied deutlicher erkennbar als bei Frauen. Außerdem sei ersichtlich, so Singer, dass ältere Personen generell mehr dazu neigen, Vorurteile gegenüber anderen Personen zu hegen. In allen Altersgruppen habe es aber einen Unterschied zwischen Vegetariern, Veganern und Omnivoren gegeben, was bedeute, dass die Ernährungsweise, unabhängig vom Alter, mit der Einstellung gegenüber anderen Personen zusammenhängt.

Psychologin Petra Veser von der Universität Wuppertal, die die Befragungen durchführte, ergänzt: „Nach der Definition von Gordon Allport bedeutet eine solche Neigung zu Vorurteilen, dass diese Personen dazu tendieren, von anderen ohne ausreichende Begründung schlecht zu denken. Zumindest haben sich diese Studienteilnehmer in dieser Weise selbst beschrieben.“

Vegetarier bevorzugen gleichwertige Beziehungen

Zudem befürworten Omnivore eher autoritäre Strukturen als Vegetarier und Veganer dies tun. Petra Veser erklärt: „Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, halten offenbar nicht so stark an Althergebrachtem fest, außerdem bevorzugen sie häufiger gleichwertige Beziehungen gegenüber hierarchischen.“

Auch dieser Unterschied war bei den Männern ausgeprägter als bei den Frauen. „Die Älteren in unserer Studie bewerteten Hierarchien und autoritäre Strukturen in der Gesellschaft positiver als die Jüngeren, aber auch hier sahen wir in jeder Altersgruppe einen Unterschied, je nachdem, wie die Menschen sich ernährten“, sagt Singer.

Hintergrund:
Die Wissenschaftler haben für die Studie Daten von rund 1400 Personen im Alter von 12 bis 86 Jahren hinsichtlich deren Ernährungsgewohnheiten und sozialen Einstellungen erhoben. Die von den Studienteilnehmern angegebene Ernährungsweise wurde einer der drei Ernährungsformen zugeordnet: omnivor, vegetarisch, vegan. Jeweils ein Drittel der Befragten ernährte sich omnivor (35 Prozent), vegetarisch (31 Prozent) beziehungsweise vegan (34 Prozent).

Die hohe Zahl von Vegetariern und Veganern entspricht nicht der realen Verteilung in der Bevölkerung. Die Forscher waren bemüht, besonders viele Vegetarier und Veganer zur Teilnahme zu gewinnen, um auch von diesen Gruppen statistisch verlässliche Aussagen zu erhalten.



Weitere Informationen:

Originalpublikation: P. Veser , K. Taylor , S. Singer (2015). Diet, authoritarianism, social dominance orientation, and predisposition to prejudice: Results of a German survey. British Food Journal, 117 (7), 1949 – 1960; DOI: http://dx.doi.org/10.1108/BFJ-12-2014-0409

Universitätsmedizin Mainz

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