Basisernährung bei Unverträglichkeiten und gastrointestinalen Erkrankungen: "Leichte Vollkost" heißt jetzt "Angepasste Vollkost"

Erst Schonkost, dann „leichte Vollkost“ und jetzt „angepasste Vollkost“. Die Basisernährung bei unspezifischen Magen-Darm-Erkrankungen folgt den Prinzipien der Vollkost. Ausgeschlossen werden jedoch individuell unverträgliche Lebensmittel wie blähendes Gemüse oder reizende Gewürze und Speisen.

Für PatientInnen mit gastrointestinalen Erkrankungen wie Gastritis, Pankreatitis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ist das wichtigste Ziel die Entlastung der Verdauungsorgane und -prozesse. Mit der angepassten Vollkost sollen Symptome gelindert und das Wohlbefinden der PatientInnen gesteigert werden. Der Begriff „angepasste Vollkost“ ersetzt im Leitfaden „Ernährungstherapie in Klinik und Praxis“(LEKuP)1 die Bezeichnung "leichte Vollkost".2 Geändert hat sich an dieser prinzipiell nichts, allerdings wird durch den geänderten Namen eine größere Bedeutung auf die Anpassung der Kost an die individuell oft unterschiedliche Verträglichkeit von Lebensmitteln gelegt.

Als oberste Regel gilt: Die Verträglichkeit einzelner Lebensmittel ist individuell auszutesten.

Die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) fasst die Prinzipien der angepassten Vollkost auf ihrer Homepage anschaulich zusammen3 und bietet einen Überblick über die Empfehlungen zur Zufuhr von Energie, Hauptnährstoffen, Flüssigkeit sowie Mikronährstoffen. Außerdem werden praktische Empfehlungen zur Zufuhr an Lebensmitteln aufgeführt.3

Die angepasste Vollkost basiert auf sieben bewährten Prinzipien:

  1. schonend gegarte Lebensmittel (wenig Rohkost); weiche Lebensmittel
  2. fettarme bis fettmoderate Kost (je nach Verträglichkeit)
  3. mehrere, kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt; regelmäßig und nicht zu heiß oder zu kalt essen
  4. bevorzugt würzen mit frischen Kräutern, wenig mit Pfeffer oder Salz
  5. gute Eiweißkombinationen für hohe biologische Wertigkeit
  6. moderates Maß an Ballaststoffen (je nach Verträglichkeit)
  7. kein Alkohol; wenig Zucker; Kaffee nur bei Verträglichkeit

Nährstoffe und Energie

Erkrankungen der Verdauungsorgane führen häufig zu einer verminderten Nahrungsaufnahme. In diesen Fällen sollte das Essen möglichst energie- und nährstoffreich sein, jedoch mit einem moderaten Fettanteil. Die Kohlenhydratzufuhr macht etwa 50 % der täglichen Energiezufuhr aus, die Lebensmittel sollten dabei ballaststoffarm bis -moderat sein. Auch hier richtet sich die Menge nach der individuellen Toleranz. Um die Körpermuskulatur zu erhalten und die Zufuhr an essenziellen Aminosäuren zu decken, beträgt die Mindestzufuhr an Protein wie in den allgemeinen Empfehlungen für Gesunde 0,8 g pro kg Körpergewicht und Tag. Außerdem soll eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von etwa 30 bis 36 mL pro kg Körpergewicht und Tag erreicht werden.

Gemüse und Obst

Als Basis der täglichen Ernährung ist Gemüse aufgrund seiner hohen Nährstoffdichte ideal. Ein Verzehr von 2–3 handgroßen Portionen wird empfohlen, bevorzugt stärkearme Gemüsesorten wie Blatt- oder Fruchtgemüse. Blähende Gemüsesorten wie Kohl-, Lauch- und Paprikagemüse sind oft nicht gut verträglich. Bevorzugt werden sollen frische, unverarbeitete oder tiefgefrorene Lebensmittel; Gemüsekonserven sollten nicht die Regel darstellen. Gleiches gilt für reifes Obst, wobei Beeren, Zitrusfrüchte und ältere Sorten von Kernobst ein günstiges Nährstoff-Zucker-Verhältnis liefern. Auch Fruchtmuse und Kompott sind leicht verdaulich.

Kräuter und Gewürze

Um die Gerichte schmackhaft zu machen, sollen verdauungsfördernde Kräuter und Gewürze wie Kümmel, Anis, Fenchel, Dill, Petersilie und Minze verwendet werden. Scharfe Gewürze sowie Knoblauch, Schnittlauch, Bärlauch und Meerrettich sind oft schlecht verdaulich.

Hülsenfrüchte

Im Vergleich zu Erbsen, Bohnen und Linsen sind junge grüne Bohnen und Zuckerschoten als Hülsenfrüchte besser verträglich. Sojaprodukte sollten fermentiert sein, z. B. Tofu, Miso, Natto oder Tempeh.

Fette und Öle

Nahrungsfett in großen Mengen wird bei einigen akuten Erkrankungen der Leber und Galle sowie der Bauchspeicheldrüse meist nicht gut vertragen. Daher sollte die Fettmenge begrenzt sein und qualitativ hochwertige Fette gewählt werden, z. B. Öle, die reich an essenziellen Fettsäuren sind. Aufgrund des guten Verhältnisses von n-6- zu n-3-Fettsäuren sind Leinöl, Hanföl, Walnussöl und Rapsöl geeignet Bei eingeschränkter Fettverdaulichkeit ist ein (teilweiser) Ersatz von herkömmlichen durch sog. MCT-Fette (mittelkettige Fettsäuren) hilfreich.

Brot, Getreide und Getreideprodukte

Ausreichend gegart sind vor allem Hafer, Reis, Buchweizen, Quinoa und Amaranth gut verträglich. Sauerteigbrote aus Roggenmehl und Vollkornbrote aus feingemahlenem Vollkornmehl sowie einen Tag alte Brötchen sind bekömmlicher als grobe Vollkornbrote und frische Ware. Weizen wird von manchen Betroffenen nicht gut vertragen die Verträglichkeit sollte individuell ausprobiert werden.

Fisch und Meeresfrüchte

Fettärmere Fische wie Forelle, Zander, Seelachs, Scholle oder Kabeljau sind gut verdaulich. Auch Meeresfrüchte wie Garnelen sind im Vergleich zu fettigen Fischen bekömmlicher.

Milch und Milchprodukte

Empfohlen werden vor allem fermentierte Produkte ohne weitere Zusätze wie Naturjoghurt, Buttermilch, Kefir, Quark oder Käse aufgrund der Milchsäurebakterien. Fettreichen und harte Käsesorten wie Parmesan oder Bergkäse, Mascarpone sowie Sahne oder Schmand können bei einer energiebeschränkten Ernährung eine mögliche Energiequelle sein, wobei die individuelle Verträglichkeit getestet werden muss.

Nüsse und Samen

Aufgrund der harten Konsistenz sind Nüsse und Samen für manche Betroffene schwer verdaulich. Besser verträglich sind sie in vermahlener Form oder als Nussmus. Besonders geeignet sind Walnüsse, Macadamianüsse, Haselnüsse und Mandeln.

Getränke

Um Kaffee verträglicher zu machen, können röststoffarme Sorten gewählt und Milch hinzugegeben werden. Gesüßte Getränke wie Limonaden, Eistee oder Milchmischgetränke sollten die Ausnahme darstellen. Alkohol sollte komplett gemieden werden.


Quellen:

1 Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP). Aktuel Ernahrungsmed 2019; 44: 384–419© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

2 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Hrsg. Leichte Vollkost.DGE-Infothek. 2. Aufl. Bonn: DGE; 2014

3 Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention, Update: Angepasste Vollkost (ehemals Leichte Vollkost), 06.01.2020

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