Journalisten-Workshop des Institut Danone für Gesunde Ernährung e. V.: Änderung des Nährstoffbedarfs durch sportliche Aktivität

Wieviel muss ich trinken, wenn ich mehrere Stunden Tennis spiele oder eine Stunde laufen gehe? Beugen Magnesiumsupplemente Muskelkrämpfen vor? Ist alkoholfreies Weizenbier ein sinnvolles Getränk nach körperlicher Belastung? Kompensiert tägliches Joggen die negativen Folgen des „sitzenden Lebensstils“? Solche praktisch relevanten Fragen, physiologische Grundlagen und spezielle Probleme der Sporternährung1 waren Themen des 17. Journalisten-Workshops des Institut Danone Ernährung für Gesundheit e. V. (IDE) Anfang Mai. Die zweitägige Veranstaltung fand an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln statt. Für Ernährungsfachkräfte interessante Ausschnitte sind Inhalt dieses Berichts.

Sportliche Aktivität

Fettabbau – Trainingsanpassung – Muskelabbau durch „konkurrierendes Training“

Prof. Dr. Thomas Abel von der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln erklärte einleitend die molekularen Mechanismen des Muskelstoffwechsels. Viele wollen durch Sport ihren Körperfettgehalt reduzieren. Abel zeigte, dass zwar bei lange andauernder sportlicher Belastung mit niedriger/ mittlerer Intensität der Fettsäureabbau in der Muskelzelle höher ist als bei hochintensiver sportlicher Belastung, bei der nahezu nur Kohlenhydrate verbrannt werden – er gibt jedoch zu bedenken, dass der absolute Energieverbrauch entscheidend sei.

Nicht nur Fett soll durch Sport abgebaut werden; regelmäßiges Kraft- oder Ausdauertraining führt idealerweise auch zu einer Trainingsanpassung, z. B. einer Zunahme der Muskelfaserlänge oder des Muskelfaserdurchmessers. Anhand der Heritage Study berichtete Prof. Dr. Petra Platen (Ruhr-Universität Bochum), dass im Schnitt 50 % der Adaptation bei Ausdauertraining genetisch bedingt sind – bei Krafttraining schätzt sie dies ähnlich ein. Einigen bringt Ausdauertraining daher viel, anderen wenig. Ein Grund zur Resignation? Sicher nicht, denn vieles liege dennoch in der eigenen Hand bzw. Aktivität. Beachten sollte man aber, dass sich Kraft- und Ausdauertraining gegenseitig hemmen können. In ihrer „Reinform“ sollte man sie daher nicht kombinieren, sondern zeitlich versetzt durchführen. Platen empfiehlt z. B. an einem Tag Gewichte zu stemmen und am anderen Tag zu laufen, um konkurrierende Effekte (z. B. Muskelabbau) zu umgehen. Bei allgemeinem Gesundheitssport sei der Anteil an Kraft und Ausdauer jedoch meist ausgewogen, dies sei kein „konkurrierendes“ Training.

Essen – Trinken – Sport

Hans Braun, DSHS Köln und zuständig für die Ernährungsberatung am Olympiastützpunkt Rheinland, referierte sehr anschaulich zur Ernährung im Sport – von Freizeit- bis zu Hochleistungsaktivitäten.

Im Allgemeinen brauchen Leistungssportler mehr Energie (bis zu 8 000 kcal/Tag), Proteine, Kohlenhydrate und Flüssigkeit als Nicht- und Wenig-Sportler. Das 2011 veröffentlichte Konsensus-Statement „Sporternährung“ des Internationalen Olympischen Komitees empfiehlt Athleten vor, während sowie nach dem Training und Wettkampf angepasste Ernährungsstrategien. Dabei sollten sie mit professionellen Fachkräften zusammenarbeiten, denn es gebe nicht eine Ernährung für alle Sportarten – auf die individuelle Leistung je nach Sportart, Trainingsphase und den Bedürfnissen und Zielen der Athleten sei zu achten. Dennoch, und das stellte Braun gleich zu Anfang klar, würde bei Sporternährung häufig die Alltagsernährung unterschätzt: Nicht nur das Essen und Trinken direkt vor, während und nach dem Wettkampf und einzelne Nährstoffe seien zu fokussieren.

Überschätzt werde von Sportlern hingegen häufig der Proteinbedarf. Dieser liegt bei Erwachsenen bei ca. 0,8 g/kg Körpergewicht (KG) je Tag, für Sportler bei 1,2–1,7 g KG/ Tag. Bei ausreichender Energiezufuhr könne dieser Bedarf mit üblichen Lebensmitteln gedeckt werden. Eine zusätzliche Einnahme von Protein- und Aminosäurepräparaten sei nicht nötig. Nephrologische Studienergebnisse legen sogar nahe, dass eine dauerhafte Proteinzufuhr von 2 g/kg KG/Tag die Nieren belasten kann; für eine Zufuhr > 2,5 g/kg KG gibt es keine wissenschaftliche Grundlage. Zudem geht übermäßig zugeführtes Protein als Energiesubstrat in den Stoffwechsel ein – Fett statt Muskelaufbau. Eiweißshakes sieht Braun daher eher als organisatorische, zeitliche Erleichterung, nicht als physiologische Notwendigkeit zur Deckung des Proteinbedarfs. Hierfür reichen Milch(produkte), Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte und Getreideprodukte aus. Hinweise gibt es dafür, dass das Timing der Proteinzufuhr wichtig ist: 15–25 g Protein in Kombination mit Kohlenhydraten (bspw. Kakao) direkt nach dem Krafttraining seien optimal, um die Muskelproteinsynthese anzuregen. Höhere Dosierungen hätten dagegen keinen zusätzlichen Effekt. Die tägliche Kohlenhydratzufuhr sollte je nach aktueller Belastungsdauer gesteigert werden:

- bei niedriger Belastung: ca. 3–5 g/kg KG
- bei ca. 1 Stunde/Tag: 5–7 g/kg KG
- 1–3 Stunden/Tag: 6–10 g/kg KG
- 4 bis über 5 Stunden/Tag: 8–12 g/kg KG

Während körperlicher Belastung ab 1,5–2 Stunden könne eine Kohlenhydratzufuhr von 30–60 g pro Stunde helfen, die Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten (Verhältnis Glukose: Fructose = 2:1).

Da Freizeitsportler im Gegensatz zu professionellen Leistungssportlern meist genug Zeit zur Regeneration haben, empfiehlt Braun eine normale Ernährungsweise ohne spezielle Mengen- oder Zeitschemata.

Auch Dr. Stephanie Mosler von der Uniklinik Ulm betonte, dass Proteinpräparate und auch die meisten eingenommenen Nahrungsergänzungsmittel überflüssig seien. Gerade antioxidative Supplemente, gegen oxidativen Stress durch Sport, könnten sogar die muskulären Anpassungen an das Training einschränken. Wissenschaftlich nachgewiesen können u. a. Kohlenhydratriegel oder -gele, medizinische Produkte wie Eisen- und Kalziumpräparate, ergogene Substanzen wie Koffein sowie Kreatin leistungssteigernde Effekte haben – natürlich nur in Kombination mit Sport. Auf mögliche Nebenwirkungen wies Mosler hin und rät, Nahrungsergänzungsmittel nur in Rücksprache mit einem professionellen Ernährungsberater einzunehmen. In puncto Muskelkrämpfen riet Mosler, anstatt Magnesiumsupplementen, die fast schon massenweise auch von Freizeitsportlern zum Vorbeugen von Muskelkrämpfen eingesetzt werden, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr während sportlicher Belastungen zu achten.

Die Flüssigkeitszufuhr war auch Vortragsthema von Prof. Dr. Helmut Heseker von der Universität Paderborn. Er empfiehlt ad libitum zu trinken und auf die Farbe des Urins zu achten. Da Wasser in Verbindung mit Glukose und Natrium schneller absorbiert wird, wird im Leistungssport geraten, Getränke mit Natrium und bis zu 5 % Glukose zu trinken (optimale Temperatur: 5–10 °C, besser verträglich: 15–20 °C). Dies bedeutet: Glukose-Fruktose-Gehalt von 30–80 g/L, Natrium: 400–1 100 mg/L. Eine Mischung aus Saft und Wasser im Verhältnis 1:1 mit Natriumzugabe sei empfehlenswerter als Energy Drinks (viele überflüssige Zusatzstoffe) bzw. zuckerreiche hypertone Getränke wie Softdrinks oder Malzbier. Die bei Sportlern beliebten alkoholfreien Weizenbiere sind zwar meist isoton, aufgrund ihrer Elektrolytzusammensetzung (zu wenig Natrium, zu viel Kalium) laut Heseker als Regenerationsgetränk aber nicht zu empfehlen.

Er resümiert: Leistungssportler profitieren von Sportgetränken, weil sie im intensiven Training oder Wettkampf die Leistungsfähigkeit verbessern. Die meisten Freizeitsportler dagegen brauchen keine Sportgetränke. Im Gegenteil: „Wer Sport treibt, um abzunehmen, sollte auf die Kohlenhydratkalorien in Sportlergetränken verzichten und besser nur Wasser trinken.“

„Schlankheitstees“ – „Trainingsbooster“

Dass nicht nur Leistungssportler aufgrund möglichen Dopings, sondern auch Normalverbraucher auf online erhältliche, auffällig beworbene „Schlankheitsmittel“ wie „Schlankheitstees“ oder „Trainingsbooster“ (meist aus Fernost) verzichten sollten, zeigte Prof. Dr. Mario Thevis von der DSHS. Viele der in Deutschland nicht zugelassenen, aber im Internet erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel deklarieren bspw. diverse Kräuter, nicht aber beigemengte, unerlaubte, pharmakologisch relevante Substanzen wie Sibutramin (Appetitzügler), deren gesundheitliche Risiken unkalkulierbar seien.

Bewegung im Alltag – nicht nur Sport am Feierabend

Dass Bewegung – nicht reduziert auf Sport – für die gesunde Entwicklung von Kindern essenziell ist, stellte Prof. Dr. Christine Graf (DSHS) dar. Kleine Kinder sollen sich so viel wie möglich bewegen. Dessen müssten sich alle Personen bewusst sein, die mit Kindern zu tun haben, und auch als Vorbilder agieren. Sonst könnte man überspitzt formulieren, dass die Fortbewegung quasi direkt vom Kinderwagen in den sitzenden Lebensstil am Bürotisch oder Tablet-PC übergeht.

Dass Bewegung auch noch im Erwachsenen- und fortgeschrittenen Alter die beste Medizin ist, zeigte Prof. Dr. Wiebren Zijlstra von der DSHS. Es gibt keine medizinische Behandlung, die sich ähnlich positiv auf so viele Organsysteme, Blutwerte und Hormonwerte auswirkt wie körperliche Aktivität. Erstaunlich und doch plausibel ist die Bewertung von Professor Zijlstra: Die negativen gesundheitlichen Effekte durch „exzessives Sitzen“ (sedentary lifestyle) lassen sich nicht kompensieren, indem man 1 Stunde pro Tag gezielt Sport treibt. Zijlstra ist sich sicher, dass dem Sitzen nur das Nicht-Sitzen entgegenwirken kann: Er empfiehlt, alle 25–30 Minuten aufzustehen und sich zu bewegen.

Mit vielen Studienergebnissen untermauerte Prof. Dr. Hans Hauner (TU München) abschließend das große Präventionspotenzial von Bewegung. Eine aktuelle Studie berechnete, dass allein die vier Risikofaktoren Rauchen, erhöhter BMI, Verzehr von Alkohol und rotem Fleisch über 17 Jahre längere oder kürzere Lebenszeit bei Männern „entscheiden“, bei Frauen über 14 Lebensjahre.

Fazit

Dass in Deutschland eine Präventionskultur mit einem gesunderhaltenden Ausmaß an Bewegung Alltag wird, scheint noch weit entfernt. Doch wer erfährt und spürt, was Bewegung bewirken kann, auch für die subjektive Lebensqualität, der sollte motiviert sein, sich durch Bewegung Gutes zu tun und auch Kindern ein Vorbild zu sein: weg von einem sitzenden hin zu einem bewegten Lebensstil! Dazu, so war es von den Referenten zu hören, brauchen Freizeitsportler weder zusätzliche Proteingaben, Magnesium noch spezielle Sportgetränke.

1 Mehr zum Thema Ernährung im Leistungssport: Ernährungs Umschau 7/2014 ab S. M370 (Online-Fortbildung von Alexandra Schek)



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 07/15 auf Seite M384-M385.

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