Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept?

Teil 1: Einflussfaktoren auf den glykämischen Index sowie Relevanz für die Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn

Der glykämische Index (GI) hat seine Bedeutung bislang vor allem in der diätetischen Therapie des Diabetes. Seit einiger Zeit wird das Thema in der Fach- und Laienpresse auch im Zusammenhang mit der Ernährung Gesunder diskutiert. Entsprechende Ernährungsempfehlungen gibt es bereits (LOGI-Pyramide, Healthy Eating Pyramid). Im Vordergrund dieser Arbeit steht die Frage nach der Relevanz eines niedrigen GI für die Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen und damit für die allgemeine Ernährung. Den GI beeinflussende Faktoren werden ebenso diskutiert wie Probleme bei der Umsetzung des Konzepts in die Ernährungspraxis.

Der glykämische Index (GI) beschreibt die Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutglucosespiegel. Er ist definiert als Fläche unter der postprandialen Blutglucosekurve nach Aufnahme von 50 g verwertbaren Kohlenhydraten mit einem Testlebensmittel, bezogen auf die Blutglucoseantwort nach Aufnahme von 50 g Kohlenhydraten mit einem Referenzlebensmittel.

Der GI wird beeinflusst von der Zusammensetzung des Lebensmittels, vom Grad der Verarbeitung, der Zubereitung, der Anwesenheit von Enzyminhibitoren und der Zusammensetzung der Mahlzeit. Die Blutglucoseantwort einer Portion desselben Lebensmittels kann bei einer Person von Tag zu Tag erheblich schwanken. In der Literatur finden sich teilweise weite Spannen zum GI für einzelne Lebensmittel, beispielsweise Kartoffeln, die nicht ohne weiteres zu erklären sind und auch auf methodische Probleme bei der Ermittlung des GI hindeuten.

Die glykämische Last (GL) berücksichtigt neben der Art der Kohlenhydrate auch die aufgenommene Kohlenhydratmenge. Sie wird daher als relevanterer Parameter für die Abschätzung des durch eine Mahlzeit ausgelösten Insulinbedarfs gesehen.In verschiedenen epidemiologischen Studien wurde untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen GI bzw. GL der Kost und häufigen chronischen Erkrankungen besteht.

In zwei von vier Kohortenstudien fand sich kein Zusammenhang zwischen Diabetesrisiko und GI bzw. GL, während in den anderen beiden Untersuchungen eine Kost mit niedrigem GI bzw. niedriger GL mit einem signifikant verringerten Diabetesrisiko assoziiert war. Die Beziehung zwischen GI bzw. GL und Diabetesrisiko wurde allerdings durch die Ballaststoffzufuhr aus Getreide abgeschwächt, bei Männern stärker als bei Frauen.

Bezüglich eines erhöhten Risikos für koronare Herzerkrankungen gibt es ebenfalls widersprüchliche Studienergebnisse. In der prospektiven Nurses’ Health Study sowie einer Fall-Kontroll-Studie wurde außerdem eine Effekt-Modifikation durch den BMI beobachtet; ein niedriger GI war nur bei Übergewichtigen (BMI ≥25) bzw. bei Frauen mit einem BMI ab 23 mit einem verminderten Risiko für koronare Herzerkrankungen assoziiert.

Mehrere Studien widmeten sich der Frage, ob der GI bzw. die GL der Kost mit dem Krebsrisiko in Zusammenhang steht. Für keine der bisher untersuchten Krebsarten (Tumore des Dickdarms, Pankreas, der Brust, des Endometriums und des Ovars) gibt es eindeutige Hinweise auf einen Einfluss des GI bzw. der GL der Kost.

Anhänger des GI propagieren seit längerem, dass ein niedriger GI mit einer verbesserten Sättigung verbunden ist. Dadurch soll einer überenergetischen Ernährung und langfristig der Entstehung von Übergewicht eher vorgebeugt werden als durch eine Kost mit einem hohen GI. Je nach verwendeter Methodik fanden sich Hinweise auf eine sättigendere Wirkung einer Mahlzeit mit einem niedrigen GI. Ob dies aber zur Vermeidung einer Gewichtszunahme bzw. zu einer stärkeren Gewichtsabnahme bei Übergewicht beiträgt, ist umstritten und bislang kaum systematisch untersucht.
Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs-Umschau 03/04 ab Seite 84, weitere Mitteilungen der Verbände ab Seite 102.

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