UVB-Bestrahlung bei Pilzen zur Erhöhung des Vitamin-D2-Gehalts: Wirkungsweise, Effizienz und Umsetzung in Europa

Interview mit Dr. Paul Urbain, Klinik für Innere Medizin I, Sektion Ernährungsmedizin und Diätetik am Universitätsklinikum Freiburg

Herr Dr. Urbain, im Rahmen Ihrer Doktorarbeit hatten Sie in einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie die „Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Vitamin D2 aus UVB-behandelten Pilzen“ bei Erwachsenen mit niedrigen Vitamin- D-Blutwerten untersucht. Können Sie das Verfahren der UV-Bestrahlung und das zugrundeliegende Prinzip beschreiben?

Urbain: Ja, hierzu muss ich jedoch erst kurz ausholen: Vitamin D2 wird immer als das „pflanzliche Vitamin D“ bezeichnet, obwohl es nicht in Pflanzen vorkommt, es sei denn die Pflanze ist mit Pilzen (z. B. Schimmelpilzen) oder Hefen kontaminiert. Früher (bis etwa 1969) wurden Pilze fälschlicherweise noch dem Pflanzenreich zugeordnet, sodass die Bezeichnung „pflanzliches Vitamin D2“ dringend einer Korrektur bedarf. Eine mögliche Alternative wäre „pilzliches Vitamin D2“, um in Zukunft pflanzliche Lebensmittel wie z. B. Avocado, die irrtümlicherweise häufig als Vitamin-D-Quelle angegeben wird, als solche zu erkennen.

Nun zurück zu Ihrer Frage zur Wirkweise der Bestrahlung: Ergosterol ist ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran von Pilzen, vergleichbar mit dem Cholesterol in tierischen Zellen. Ergosterol ist ebenfalls eine Vorstufe (Provitamin D2) des Vitamin D2 (Ergocalciferol). Trifft Licht im UVB- und UVC-Wellenlängenbereich auf das Provitamin D2, entsteht photochemisch das instabile Prävitamin D2, welches sich wiederum durch eine thermische Isomerisation zu Vitamin D2 umwandelt (• Abbildung 1). Dieser Prozess ist vergleichbar mit der Vitamin-D3-Synthese in der menschlichen Haut. Die Umwandlungsrate von Ergosterol in Vitamin D2 ist u. a. vom UV-Spektrum, der Bestrahlungsdosis, dem Feuchtigkeitsgehalt der Pilze und deren Ausrichtung zur UV-Quelle abhängig.

In der erwähnten Studie konnten wir erstmals am Menschen zeigen, dass das Vitamin D2 aus mit UV-Licht exponierten und somit Vitamin-D2-optimierten Champignons den Vitamin-D-Status signifikant verbessern kann. Des Weiteren ist dessen Bioverfügbarkeit gleichwertig zu einem Vitamin-D2-Supplement.1 Diese Vitamin-D2-optimierten Champignons stellen somit einen vielversprechenden Ansatz dar, die allgemeine Vitamin-D-Versorgung über die Ernährung zu verbessern. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass erstens Pilze die einzige nicht tierische Vitamin-D-Quelle von häufiger verzehrten Lebensmitteln sind, was natürlich besonders interessant für Vegetarier ist. Zweitens ist unser wichtigster Vitamin-D-Lieferant „Fisch“ gefährdet, denn fast ein Drittel der wichtigsten Fischbestände gelten als überfischt oder bereits erschöpft und somit können die heutigen Fangquoten nicht nachhaltig gehalten, geschweige denn gesteigert werden.2

Das Gespräch für die ERNÄHRUNGS UMSCHAU führte Stella Glogowski.


Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 06/15 von Seite M363 bis M365.

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