Zu guter Letzt 10/2017: Autonomes Essen

Das autonome Fahren hat auf der diesjährigen Automobilausstellung breiten Raum eingenommen. Die technischen Entwicklungen werden dabei begleitet von einer Ethikdiskussion, wie die Lenkung eines Fahrzeuges in Grenzsituationen reagieren soll: Wenn Personenschaden unausweichlich ist, soll es dann den Rollator-Fahrer oder das Kind mit dem Dreirad treffen…? (Die Option Selbstzerstörung des autonom gelenkten Fahrzeugs wird nicht diskutiert). Diese moralischen Dilemmata sind jedoch nur in einer Übergangsphase – solange nicht alle Fahrzeuge (und Fußgänger) autonom unterwegs sind – zu erwarten und müssen somit im Sinne des Fortschritts als Kollateralschaden hingenommen werden.

Was viele nicht wissen ist, dass die Entwicklung bereits weitergeht: Um neben der Zahl der Verkehrstoten auch die Zahl der durch Fehlernährung zu früh aus dem Leben Scheidenden zu verringern, wird intensiv an der sogenannten autonomen Ernährung geforscht: Den freiwilligen Probanden (meist technikbegeisterte junge Männer aus der Quantified-Self-Szene) wurden hierzu reiskorngroße Implantate eingesetzt. Diese sind Sender/Empfänger und Mini- Lab (Chemosensoren) zugleich und obendrein in der Lage, Hormone bzw. Transmittersubstanzen auszuschütten. Durch Echtzeit-Abgleich mit Datenbanken, die z. B. Leitlinien und Referenzwerte einschlägiger Fachgesellschaften mit dem per GPS ermittelten Standort des Chipträgers abgleichen, werden gezielt Hunger- und Sättigungssignale moduliert, aber auch Sinneseindrücke unterdrückt, wenn sie das Potenzial zur Fehlernährung haben. So kann z. B. die Wahrnehmung von Frittengeruch oder das Kaugeräusch von Kartoffelchips gedämpft werden, um das Belohnungszentrum im Gehirn weniger zu aktivieren.

Erste Ergebnisse sind ermutigend: XXL-Popcorn+Cola-Ausgaben vor Kinosälen wurden von den Probanden ebenso souverän umgangen wie die Getränkestände bei Volksfesten. In Wohngebieten mit einem hohen Prozentsatz autonomer Esser kam es anfänglich zu Gedränge an den Vollkornbrot-Regalen in Supermärkten oder den Salat-Theken der Betriebskantinen. Durch eine angepasste Steuerung der Wach- und Schlafphasen konnte dieses Problem jedoch per Software-Update gelöst werden. Der Redaktion der ERNÄHRUNGS UMSCHAU wurde als Zusatz-Gadget vom Verkehrsministerium ein autonom fahrender PKW als Testfahrzeug angeboten, dessen Navigationssoftware keine Schnellrestaurants mehr findet und das Betanken des Fahrzeuges mit einer Bezahlsoftware erledigt, sodass sich kein Fahrer mehr dem „Begleitsortiment“ der Tankstellenshops aussetzen muss.

Die verpflichtende Einführung des autonomen Essens – gekoppelt an eine Senkung der Krankenkassenbeiträge – soll aber erst nach einer Evaluation erfolgen, die auch wirtschaftliche Auswirkungen u. a. auf Süßwarenindustrie oder Zentren für bariatrische Chirurgie und nicht zuletzt Ernährungsberater berücksichtigen soll. Die mittlerweile gestartete Online-Petition „autonom Fressen“ fordert einen Volksentscheid zu dem Thema. Auf den Ausgang bin ich gespannt!

Ihr Udo Maid-Kohnert



Diesen Artikel finden Sie wie die Vorschau auch in Ernährungs Umschau 10/17 auf Seite M600.

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