Zu guter Letzt 11/15: Ghostbusters!

Hören oder sehen Sie das auch…? Mit naturwissenschaftlichen Fakten nicht vereinbare Aussagen und Verhaltensweisen bestimmen das Ernährungsverhalten von immer mehr Mitmenschen. Unheimlich! „Seit ich xyz nicht mehr esse, fühle ich mich nicht mehr so müde/schlaff/aufgebläht/ unattraktiv!“ „Spinat und Pilze darf man nicht aufwärmen, Bier auf Wein ist fein, aber Milch lass sein – denn die verschleimt, und wer ständig Weißbrot isst, darf sich nicht wundern, wenn er beim nächsten PISA-Test schlecht abschneidet.“

Doch jetzt ist endlich Schluss mit diesen Un- und Halbwahrheiten: Gefühlte 10 Workshops und Symposien, unzählige Radiospots und auch renommiert besetzte Podiumsdiskussionen hatten allein in diesem Jahr die schonungslose Aufklärung von Ernährungsmythen zum Thema. Angesehene Fachleute springen selbsternannten Ess-Aufklärern und der Regenbogenpresse bei, die dieser Bildungsaufgabe zuletzt nicht mehr gewachsen waren. Die Devise lautet: Raus aus dem Elfenbeinturm evidenzbasierter Nachkommastellen in die Talkshow-Niederungen öffentlicher Halbbildung in Sachen Essen und Trinken. Plötzlich geben einige Wissenschaftler den „Erklärbär“, z. T. postulieren sie erst die Verbreitung von Mythen, die sie dann selbst entlarven. Dabei tummeln sie sich teilweise in munterer Runde mit den uns bekannten Berufs-Ketzern der Ernährungswissenschaft.

Ein Gutteil der nun mit Verve entlarvten Ernährungsmythen sind ja Fragmente von Forschungsergebnissen, die sich aus Uni-Pressemitteilungen oder nicht zielgruppengerechten Statements von Forschern teilweise über Jahrzehnte hinweg verselbständigt haben. Auch eine Reihe von medial dauerpräsenten akademischen Universal-Experten, denen eine andere Laufbahn verwehrt blieb, beliefert mit beliebig einfachen Botschaften den Markt, greift jeden Trend – von „Paläo“ bis „Brot macht dumm“ – auf. (Ein heißer Tipp: Peganismus1 ist im Kommen.) Diese einst z. T. selbst losgelassenen Geister will man nun mit dem „Dann erkläre ich mal die Ernährungsmythen“ wieder einfangen?

Dabei lieben Menschen schon immer Mythen: Sie sind so schön eingängig, geheimnisvoll und nicht hinterfragbar. Man hat sich damit eingerichtet und hat z. B. ein Argument mehr, wenn man keinen Spinat mag. Viele dienen der Beruhigung des gutmenschlichen Gewissens und entbinden jeden Einzelnen von den täglichen Abwägungen. Manchmal wollen Menschen – auch wider besseres Wissen – Dinge einfach glauben. Als Leserservice entlarven wir Ihnen dennoch nachstehend kostenlos und ohne Anfahrtkosten 2 Alltagsmythen – nicht nur aus dem Ernährungsbereich.

Ihr Udo Maid-Kohnert

 • Doch! Ihr parklückensprengender SUV von der Größe eines Wohncontainers in Flüchtlingslagern erzeugt mehr klimaschädliche Abgase als Nachbars Kleinwagen, obwohl am Heck Ihres Wagens in Chrombuchstaben „Blue“, „Eco“ oder sonst was prangt. Selbst dann, wenn Sie damit täglich zum Bio-Supermarkt fahren.

• Doch! Ihr Coffee-to-go-Becher ist praktisch, entspricht dem Life-style, ist aber zusammen mit seinen stündlich 320.000 Kumpels in Deutschland leider auch dann keine ökologische Wohltat für den Planeten, wenn Sie Bio-Fairtrade Kaffee daraus trinken.

1 Die Kombination von Paläo und veganer Ernährung


Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 11/15 auf Seite M672.

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