Thema des DGE-Kongresses 2017 in Kiel: Ernährungs- und Lebensmittelforschung – werden wir den gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht?

Der diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hatte eine heikle Fragestellung als Rahmen: Es ging um die Bedeutung von Ernährungsforschung für die Gesamtgesellschaft.
Der Kongress ist traditionell ein Podium gerade auch für junge Wissenschaftler/-innen, die noch an ihrer akademischen Karriere arbeiten. In dieser Phase bleibt nicht unbedingt Raum zur kritischen Selbstreflektion. Dies ist daher nicht zuletzt eine Aufgabe der „etablierten“ Institutsleiter. Leicht wird solche Kritik als Nestbeschmutzung oder in der Sache unbegründet abgetan, denn auch im Wissenschaftsbetrieb etablieren sich „selbsterhaltende“ Mechanismen. Da Forschungsgelder jedoch auch aus Steuermitteln stammen, muss sich die Wissenschaft der Frage nach der Relevanz ihrer Forschung stellen. Prof. Manfred J. MÜLLER stellte zusammen mit Prof. Karin SCHWARZ und Prof. Gerald RIMBACH die wissenschaftliche Leitung des Kongresses. Der nachstehende Beitrag basiert auf seinem Eröffnungsvortrag und dem Symposium der Kompetenzcluster zur Ernährungsforschung im Rahmen des Kongresses.

Überlegungen und Fragen

Die Bedeutung von Ernährungsproblemen und auch das Wissen um unsere eigene Bedeutsamkeit als Ernährungsexperten bestimmen unser Miteinander. Unsere wissenschaftlichen Tagungen waren und sind voll der Erkenntnisse, der Dialog bereichert uns alle. Etwas besser zu verstehen, Probleme zu erklären und Lösung zu finden ist ein Privileg der Experten. Forschung dient einem besseren Verständnis von Problemen, Wissen ermöglicht das Problemlösen. Forschung hat also einen hohen Wert.

In den zurückliegenden Jahren hat die „moderne“ Ernährungsforschung uns allen einen großen Wissenszuwachs beschert. So hat die biomedizinische Forschung unendlich viele Details zu den Grundlagen und Funktionen des Stoffwechsels geliefert sowie die Wirkungen einzelner Nährstoffe charakterisiert. Dessen ungeachtet müssen wir aber auch zugeben, dass unser Wissen bisher nicht ausreicht, die weltweit großen Ernährungsprobleme – mehr als 1 Mrd. Menschen sind übergewichtig und 800 Mio. sind mangelernährt – auch nur anteilig zu lösen. Und: Es ist bisher auch überhaupt nicht absehbar, wie diese Probleme in Zukunft gelöst werden könnten. So mag man sich kritisch fragen:
Was nützen all unser Wissen und die hoch-finanzierte Ernährungsforschung, wenn sie denn den Menschen nicht hilft?
Wie setzen wir Wissenschaftler uns mit der zunächst begrenzten Bedeutung unserer Erkenntnisse auseinander?
Wie reflektieren wir, dass eine sehr auf molekulare Details fokussierte biomedizinische Forschung (d. h. eine Forschung, die Probleme in immer mehr und immer kleinere Details fragmentiert) nur zu immer mehr Komplexität führt, statt diese aufzulösen?



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 5/17 von Seite M283 bis M287.

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