Zu guter Letzt 05/15: De-Energization of the World

Die „guten alten Zeiten“ mit ihren schlechten Lebens- und Ernährungsbedingungen hatten zumindest aus heutiger Sicht tatsächlich auch eine gute Seite: Die Energiedichte der Lebensmittel war geringer und übergewichtig zu werden war nur Wenigen vergönnt.

Jahrtausendelang bestand für die meisten Menschen das Leben hauptsächlich aus dem Kampf um das tägliche Brot und Mensch war froh, wenn er sich dem Schlaf nicht mit energieleerem Magen hingeben musste. Aber, aus heutiger Sicht war die Kost einseitig, fade und bestand überwiegend aus wenig verarbeiteter und nicht immer nährstoffreicher Nahrung.

Der alte Traum vom Land, in dem Milch und Honig fl ießen, sollte bald mehr und mehr Realität werden. Die gezielte Züchtung von energiereicherer tierischer und pfl anzlicher Nahrung war ein erster von vielen Meilensteinen. Spätestens im Zuge der (agrar-) industriellen Revolution, der Produktivitätssteigerung und den neuen technologischen Möglichkeiten der Extraktion und Anreicherung begann ein bis heute anhaltender Prozess der „Energisierung” unserer Lebensmittel.

Bald entdeckten Food Designer – ohne die Ergebnisse der heutigen Geruchsund Geschmacksforschung zu ahnen – ein simples Rezept: Mithilfe von preiswertem Zucker, Fett, Salz sowie Farbund Aromastoffen plus einer kräftigen Portion Werbung ließen sich selbst aus qualitativ minderwertigen Ausgangsmaterialien preiswerte, schmackhafte und gut haltbare Erfolgsprodukte kreieren. So stehen heute allerorts Butterkekse, süße oder vollfette Milchfrischprodukte, zuckersüße Frühstückszerealien oder Pizzazungen neben Energy Drinks und Süßwaren in den Regalen. Gastronomen krönen das geschmacksneutrale Steak mit Kräuterbutter oder panierte und frittierte Fleisch-, Gemüseoder Kartoffelstücke mit einer XXL-Portion Käse. Spätestens aber wenn der Obsthändler aromaarmes, mundfertiges Obst mit Schokoladendipp anbietet, wird die stattgefundene „Energization of the World“ überdeutlich.

Heute – in der bewegungsarmen Informationsgesellschaft – brauchen wir eine neuerliche Trendwende: Eine Dekalorisierung unserer Nahrungsmittel und Getränke ist angesagt. Warum verwendet die Lebensmittelindustrie nicht ihre unendlichen Möglichkeiten, um geschmacklich genauso attraktive, aber deutlich energieärmere Produkte zu entwickeln? Warum fällt unseren Gourmetköchen zur Kalorienreduzierung ihrer energiereichen Menüs nur eine Reduzierung der Portionsgröße ein? Ein neuer Traum muss her!


Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 05/15 auf Seite M312.

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