„Ich kenne keine Umwelt, die keine Standards hat“

Für eine „artgerechtere“ Umweltgestaltung

Interview mit Britta Renner, Konstanz

„Nudging“ wird in der öffentlichen Diskussion – schaut man in Zeitungsberichte – irgendwo zwischen Allheilmittel gegen unvernünftiges Verhalten und Psycho-Manipulation der Bürger eingeordnet. Die ERNÄHRUNGS UMSCHAU sprach mit Frau Prof. Britta Renner darüber, wann verhaltensbezogene Maßnahmen im Sinne von nudging im Gesundheitswesen und speziell im Ernährungsbereich sinnvoll sind und wo ihre Grenzen liegen.

Frau Prof. Renner, wie sinnvoll schätzen Sie Nudging-Maßnahmen ein, die dem Verbraucher ein gewünschtes Verhalten einfacher machen sollen, im Vergleich zu restriktiveren Maßnahmen, wie Steuern auf Fett und Zucker oder höhere Krankenkassenbeiträge für Personen mit Risikoverhalten?
Renner:
Um diese Frage zu beantworten, müssten wir zunächst klären, was wir eigentlich unter Nudging-Maßnahmen verstehen. Generell würde ich sagen: Nudging besteht darin, die Umwelt so zu gestalten, dass man gewünschtes Verhalten – so wie in der Frage formuliert – einfacher machen kann. Dabei sei erst einmal dahingestellt, ob wir uns einigen können, was gewünschtes Verhalten ist. Eine wirksame Maßnahme liegt dann vor, wenn sie Verhalten in dem Sinne unterstützt, dass dem Verbraucher sog. smart choices leichter gemacht werden. Das sind Verhaltensweisen, die er einerseits selbst positiv bewertet und die andererseits auch gesellschaftlich erwünscht sind. Ich würde Nudging dann nicht so sehr den anderen Ansätzen gegenüberstellen, die Sie genannt haben, sondern eher als ergänzend wahrnehmen.

Schaut man sich die Maßnahmen in Ihrer Frage von der Empirie und der wissenschaftlichen Bewertung her an, muss man sagen, für diesen Vergleich gibt es bisher wenig Evidenz. Wir haben mehr mit Meinungen zu tun, wenig mit Daten. Bisher wurde hauptsächlich „nudge“ mit „kein nudge“ verglichen, dazu gibt es immer mehr Studien. Für den Vergleich mit restriktiveren Maßnahmen bräuchte man aber Studien, die Steuererhöhungen oder Verbote mit Nudges vergleichen. Dazu gibt es meines Wissens nach bisher noch keine belastbaren Studien. Auf der anderen Seite haben wir schon relativ viele Studien zur Effektivität von Steuererhöhungen. Steuererhöhungen sind negative Anreize, die auch sehr wirksam sein können, wenn Sie z. B. an das Rauchen denken.



Das vollständige Interview finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/16 von Seite M168 bis M171.

PDF Artikel Download für Abonnenten:

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter