Nahrungsergänzungsmittel in der Stillzeit

  • 15.05.2023
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  • Franziska Delgas
  • Anna Lederer
  • Sabine Holzäpfel
  • Maren C. Podszun

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 10. Oktober 2022 / Überarbeitung angenommen: 08. Februar 2023

Viel hilft nicht immer viel

Einleitung

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist unübersichtlich groß: von Apotheken und Drogeriemärkten über Discounter bis hin zum Internet. Die Werbung adressiert die verschiedensten Zielgruppen und deren (vermeintliche) Bedürfnisse, darunter auch Mütter in der Stillzeit.

Die Frau ist in dieser vulnerablen Phase, in der eine bedarfsdeckende Nährstoffzufuhr für die Sicherstellung der kindlichen Gesundheit und Entwicklung wichtig ist, Doppelversorgerin. Das emotionale Grundbedürfnis einer Mutter, ihr Kind mit allen nötigen Nährstoffen zu versorgen, machen sich Hersteller von NEM zunutze, indem sie genau diese mütterlichen Wünsche und Sorgen in der Bewerbung ihrer Produkte aufgreifen. Sie verwenden in Flyern, Broschüren oder im Internet Aussagen wie „Für den besonderen Bedarf von dir und deinem Baby in der Stillzeit [Femibion Stillzeit]“, „Nur das Beste für Sie und Ihr Kind [Eucell natal]“ und „umfassend versorgt [Abtei Vita Mama]“. Mit Werbeaussagen wie diesen wird stillenden Müttern das Gefühl vermittelt, dass sie ohne die Einnahme vergleichbarer Präparate nicht ausreichend versorgt seien. Die Hersteller fügen ihren Präparaten dabei häufig eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen in verschiedensten Dosierungen hinzu. Eine Übersicht, welche NEM für Stillende auf dem deutschen Markt angeboten werden, gibt es bislang nach aktuellen Recherchen nicht. Außerdem ist es wichtig, die Inhaltstoffe der identifizierten Präparate zu vergleichen und wissenschaftlich zu bewerten. ...

Abstract

Das Netzwerk „Gesund ins Leben“, angegliedert an das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), empfiehlt während der Stillzeit eine Jodsupplementation für alle, sowie eine Einnahme von Docosahexaensäure (DHA) für Stillende mit geringem Fischverzehr. Doch was enthalten Nahrungsergänzungsmittel (NEM) für die Stillzeit tatsächlich und in welcher Dosierung? In einer Analyse von 50 NEM für die Stillzeit wurde das Angebot verglichen und anhand der Supplementationsempfehlungen des Netzwerks „Gesund ins Leben“ für Jod und DHA bewertet.
10 % der untersuchten NEM enthielten Jod gemäß der Supplementationsempfehlung, während 72 % diese Empfehlung über- und 4 % unterschritten. 14 % der untersuchten NEM enthielten gar kein Jod. Bei DHA enthielten 32 % genau die empfohlene Menge, während 24 % der Präparate diese über- und 2 % unterschritten. 42 % der Präparate enthielten kein DHA.
Unsere Analyse zeigt, dass viele NEM in der Stillzeit nicht die Empfehlungen für Jod und DHA treffen. Darüber hinaus enthalten alle untersuchten NEM eine Vielzahl von Nährstoffen, die teils die Höchstmengenvorschläge des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) überschreiten. Eine Reformulierung der Präparate seitens der Inverkehrbringer unter Berücksichtigung der Empfehlungen und Höchstmengenvorschläge ist wünschenswert.

Schlüsselwörter: Nahrungsergänzungsmittel, Stillzeit, Multinährstoffpräparate, DHA, Jod, n-3-Fettsäuren, Supplemente



Peer reviewed / Manuskript (original) submitted: 10 October 2022 / Revision accepted: 08 February 2023

Supplements during lactation

The more the merrier?

Abstract

The German “Healthy Start – Young Family” network (Gesund ins Leben), affiliated with the Federal Center for Nutrition (Bundeszentrum für Ernährung, BZfE), recommends iodine supplementation during lactation, as well as docosahexaenoic acid (DHA) intake for breastfeeding women with low fish consumption. But what do dietary supplements (DS) for breastfeeding women contain and in what dosage? We investigated 50 supplements and compared their iodine and DHA dosage to the recommendations set by the “Healthy Start – Young Family” network.
10% of the DS contained iodine according to the supplementation recommendation, while 72% exceeded and 4% fell short. 14% of the investigated DS did not contain iodine at all. In the case of DHA, 32% contained exactly the recommended amount, while 24% of the preparations exceeded and 2% fell short of this recommendation. 42% of the supplements did not contain any DHA.
Our analysis shows that many DS do not meet the supplementation recommendations for iodine and DHA in the lactation period. In addition, all the investigated DS contained a large number of nutrients, some of which exceed the maximum levels proposed by the German Federal Institute for Risk Assessment (Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR). A reformulation of the preparations by the manufacturer, taking into account the recommendations as well as the proposed upper limits by the BfR, is desirable.

Keywords: dietary supplements, lactation, multinutrient supplements, DHA, iodine, n-3 fatty acids, supplements

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https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/legalcode



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 5/2023 auf den Seiten M280 bis M291.

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