„Ist doch sowieso alles künstlich“? Verbraucherverständnis der gesetzlichen Aromakennzeichnungen

  • 15.07.2019
  • Print-Artikel
  • Sarah Kühl
  • Anke Zühlsdorf
  • Achim Spiller

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 23.07.2018 / Überarbeitung angenommen: 12.12.2018

Einleitung

Hochwertige Zutaten gewinnen im Lebensmittelmarketing vermehrt an Bedeutung und haben das Potenzial, die Qualitätswahrnehmung der KonsumentInnen deutlich zu beeinflussen [1–3]. Unternehmen werben damit, dass sie besonders ausgesuchte Zutaten wie Gewürze verwenden oder überdurchschnittliche Mengen an wertvollen Rohstoffen, wie z. B. Beeren, einsetzen. Damit verbunden ist häufig der Hinweis auf den Verzicht bestimmter Zusatzstoffe oder zugesetzter Aromen. Angestoßen durch eine umfassende Produktionsumstellung sowie ein neu entwickeltes Kennzeichen des Tiefkühlkostproduzenten Frosta im Jahr 2003, ist diese Art des sog. Clean Labelings im Lebensmittelmarketing mittlerweile etabliert [4, 5].

Generell bevorzugen VerbraucherInnen natürliche Zutaten in Lebensmitteln [6] und zeigen sich gegenüber künstlichen Zusatzstoffen misstrauisch [7, 8]. Auch werden natürliche Aromen eher von VerbraucherInnen akzeptiert als chemisch-synthetisch gewonnene („nicht-natürliche“) Aromen [9]. Dass diese Präferenzen der VerbraucherInnen im Markt relevant sind, zeigte sich z. B. in dem viel beachteten Rechtsstreit zwischen der Alfred Ritter GmbH & Co KG und der Stiftung Warentest. Bei der Diskussion um die Kennzeichnung des Aromastoffs Piperonal in der Ritter Sport Voll-Nuss-Schokolade ging es spezifisch um die Frage der Natürlichkeit des verwendeten Aromastoffes.

Abstract

Viele VerbraucherInnen bevorzugen natürliche Zutaten bzw. stehen Zusatzstoffen und Aromen skeptisch gegenüber. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die EU mit der aktuellen EU-Aromenverordnung (Verordnung [EG] Nr. 1334/2008) einen einheitlichen Rechtsrahmen zur Verwendung und Kennzeichnung von Aromastoffen in Lebensmitteln geschaffen. Es ist bisher empirisch aber nicht geklärt, ob die VerbraucherInnen die hier definierten Bezeichnungen für verschiedene Aromatypen verstehen. Auf Basis einer Verbraucherbefragung zeigt der vorliegende Beitrag, dass ein erheblicher Anteil der VerbraucherInnen Schwierigkeiten bei der Differenzierung der festgelegten Begriffe zur Abgrenzung unterschiedlicher Aromen hat. Besonders der Bezug auf unterschiedliche Ausgangsstoffe wird vielfach nicht erkannt. Generell vermuteten die VerbraucherInnen einen hohen Einsatz von Aromen, selbst dann, wenn dies die Bezeichnung nicht nahelegt. Neben einer deutlich intensiveren Verbraucheraufklärung über die Bedeutung der Aromakennzeichnung könnte durch stärker selbst-erklärende Begriffe die intuitive Verständlichkeit der Aromakennzeichnung erhöht werden.

Schlüsselwörter: Zutatenmarketing, Aroma, Verbraucherverhalten, Lebensmittelkennzeichnung, Transparenz, Clean Labeling



Peer-reviewed / Manuscript (original contribution) received: July 23, 2018 / Revision accepted: December 12, 2018

“Isn't it all unnatural anyway”? Labeling of flavorings and consumer understanding

Abstract

Many consumers prefer natural ingredients or are skeptical about additives and flavorings. This is one of the key reasons why the EU has created a uniform legal framework for the use and labeling of flavorings in food with the current EU Flavoring Regulation (Regulation [EC] No 1334/2008). However, as yet there is no empirical data on whether consumers understand the various designations for different types of flavoring that are defined in the aforementioned regulation. Based on a consumer survey, this paper shows that a considerable proportion of consumers find it difficult to differentiate between the terms used to distinguish between different flavors. In particular, consumers are often unable to identify source material( s) used for the flavorings. Generally, consumers tend to think that the level of flavoring usage is high, even if this is not indicated by the designation. Alongside more intensive consumer education, intuitive understanding of flavoring labels could also be improved by the use of more self-explanatory terms.

Keywords: ingredient marketing, flavoring, consumer behavior, food labeling, transparency, clean labeling

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Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 7/2019 von Seite M400 bis M407.

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