Ernährungsmedizin: Atglistatin – Wirkstoff zur Behandlung von Fettleber und Insulinresistenz?

75 % der weltweit 1,9 Mrd. Menschen mit Übergewicht leiden unter einer nicht-alkoholischen Fettleber, 400 Mio. haben Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2). Einer der Hauptgründe für die Entstehung dieser Erkrankungen ist ein erhöhter Fettsäurespiegel im Blut.

Die Fettsäuren (FS) werden durch die Aktivität des Enzyms Adipose Triglyceride Lipase (ATGL) aus dem gespeicherten Fett des Fettgewebes freigesetzt. Bei Übergewicht verhindern die so im Blut vermehrt zirkulierenden FS die Aufnahme von Glukose in Muskulatur und Fettgewebe, es kommt zu einer Insulinresistenz. Außerdem strömen vermehrt FS in solche Gewebe ein, deren primäre Funktion nicht die Speicherung von Lipiden darstellt – etwa in die Leber. Durch die Anhäufung von Triglyzeriden in der Leber – die nicht-alkoholische Fettleber – wird dieses Organ nachhaltig geschädigt und in seiner Funktion gestört.

Wissenschaftler der Karl-Franzens-Universität Graz und der TU Graz haben nun einen Wirkstoff entwickelt und im Tiermodell getestet, der DMT2 sowie die nicht-alkoholische Fettleber verhindern kann [1]. „Da die ATGL die Menge an freigesetzten Fettsäuren ins Blut bestimmt, haben wir uns vorgenommen, dieses Enzym zu inhibieren, um die metabolischen Folgen von Übergewicht zu behandeln“, so PD Dr. Martina SCHWEIGER, Erstautorin der Publikation. Bereits 2013 gelang es den Wissenschaftlern, das Atglistatin zu synthetisieren, das die Aktivität der ATGL unterbindet. In ihrer neuen Studie charakterisierten sie jetzt die Wirkung dieses Hemmstoffes im Tiermodell. „Durch das Ausschalten der ATGL konnten wir die Insulinresistenz und die Entstehung der nicht-alkoholischen Fettleber vollständig verhindern. Außerdem kam es zu einer Gewichtsreduktion trotz fettreicher Nahrung“, schildert SCHWEIGER. Entscheidend hierfür war die Erkenntnis, dass ATGL nicht komplett unterbunden werden darf. Wurde ATGL vollständig gehemmt, führte das zwar ebenso zu einer Verbesserung der Adipositas und der Insulinresistenz, jedoch kam es zu einer Verfettung des Herzens, die tödlich enden kann. Eine vorübergehende Hemmung hatte hingegen keinerlei schädliche Nebenwirkungen. Die Aufnahme des Wirkstoffes Atglistatin hemmt das Enzym für ca. 6 Stunden. Nach dieser Zeit baut der Körper den Hemmstoff auf natürlichem Weg ab und ATGL nimmt seine Arbeit wieder auf.

Literatur:
1. Schweiger M et al. (2017) Pharmacological inhibition of adipose triglyceride lipase corrects high-fat diet-induced insulin resistance and hepatosteatosis in mice. Nature [DOI: 10.1038/ NCOMMS14859]

Quelle: Karl-Franzens-Universität Graz, Pressemeldung vom 22.03.2017



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 5/17 auf Seite M247.

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