Online-Handel mit Lebensmitteln: Alles online – oder was?

Ein Kommentar von Helmut Erbersdobler, Kiel

(he) Am 25. Januar dieses Jahres veröffentlichte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) ein Positionspapier zum Online-Handel mit Lebensmittel-Frischeprodukten. Von insgesamt 822 Lebensmittel-Online-Händlern in Deutschland bieten 179 überregionale Frischprodukte an – größtenteils als Spezialhändler für bestimmte Produktgruppen wie Fleisch und Wurstwaren, Milcherzeugnisse, Fisch, Käse, einige auch für Obst und Gemüse. Noch kommen nur wenige der Versender hinsichtlich der Vielfalt dem Angebot in Supermärkten gleich. In einem Testmarkt im Umfeld von London bietet jedoch Amazon bereits 130 000 unterschiedliche Lebensmittel an.

Von den 179 Lieferanten wurden 32 genauer unter die Lupe genommen, v. a. bezüglich Qualität, Frische und Kosten. Die Lebensmittel waren gut und sicher verpackt. Die Einhaltung der Kühlkette war teilweise problematisch (Sommer), trotzdem war die Qualität der Produkte zumeist hoch. Obst und Gemüse war teilweise überreif oder hatte Druckstellen. Für einige Waren erschien die Mindesthaltbarkeit zu kurz. Die Versandkosten und die Aufschläge für Kühlung waren heterogen, wobei Festpreise unabhängig von Menge oder Kosten überwogen.

Folgende weitere, teilweise über diesen Bericht hinausgehende Fragen seien genannt:

  • Nicht geklärt erscheint mir die Situation von Sendungen aus dem Ausland (Probleme bei den Online-Angeboten an Arzneimitteln seien als warnendes Beispiel genannt). 
  • Die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) bezieht die Online-Vermarktung bereits mit ein, aber in vielen weiteren Bereichen des Lebensmittelrechts bestehen noch Unklarheiten.
  • Da es online schwieriger ist als am point of sale, die Vorstellungen der Verbraucher zu erfüllen, wird es vermutlich auch hier zu Rücksendungen kommen. Vermehrt das die Menge der weggeworfenen Lebensmittel und wie sieht dabei die hygienische Situation aus? Wenn ebenso viel zurückgeschickt wird wie bei Kleidung, dann „gute Nacht“ für die Nachhaltigkeit. 
  • Wie steht es mit dem Verpackungsmüll? Sendungen frischer Lebensmittel, ggf. mit Isolier- oder Kühlmaterial, könnten problematisch werden. Einige wenige Firmen bieten bereits ein Abfallmanagement oder eine Rücknahme der Verpackung an, dies müsste jedoch umfassend geregelt werden. Man denke an die Einführung des ‚Kaffee to go‘ – wer hat damals an die Müll-Konsequenzen der Papp-Becher gedacht? 
  • Welchen Einfluss wird der Online-Handel auf den Lebensmitteleinzelhandel haben? Die größeren Händler liefern bereits zunehmend online, die mittelständischen Betriebe warten noch ab. Wie sieht‘s aber mit den Wochenmärkten aus? Überleben hier nur noch Händler, die im regionalen Bereich auch online liefern?

Man wird den Trend nicht stoppen können, wir sollten die Entwicklung aber sorgsam verfolgen und begleiten.

Literatur:
Verbraucherzentrale Brandenburg e. V. (Hg). E-Food im Frischemarkt. Marktüberblick und Herausforderungen im deutschen Lebensmittel-Online-Handel. Eine Untersuchung der Verbraucherzentralen – Januar 2017. URL: www.marktwaechter.de/sites/default/files/downloads/e-food_im_frischemarkt_-_vollstaendige_untersuchung.pdf 



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 5/17 auf Seite M252.

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