Probiotika und Psyche: Bakterien gegen Depressionen

Die Darmflora spielt eine wichtige Rolle für die (psychische) Gesundheit. Forschende der Universität Basel und der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel konnten zeigen, dass Probiotika die Wirkung von Antidepressiva unterstützen und Depressionen mildern können [1].

Mit Medikamenten und Psychotherapie versuchen Fachleute Betroffenen zu helfen, was nicht immer gelingt. Deshalb suchen Forschende nach Möglichkeiten, die bestehenden Therapien zu verbessern und neue zu entwickeln. Ein vielversprechender Ansatz ist die sog. Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse. Darmbakterien können u. a. über Stoffwechselprodukte das Nervensystem beeinflussen.
Bereits aus früheren Studien ist bekannt, dass bei PatientInnen mit einer Depression Darm- und Verdauungsprobleme überdurchschnittlich häufig auftreten. Wird Mäusen, die steril – also ohne Darmflora – aufgezogen wurden, die Darmflora von depressiven Personen eingepflanzt, entwickeln die Tiere ebenfalls ein depressions-ähnliches Verhalten. Sie sind bspw. energieloser und zeigen weniger Interesse an der Umgebung als ihre Artgenossen. Forschende vermuten daher, dass die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Darm eine wichtige Rolle für die depressive Symptomatik spielt.
Ein Forschungsteam der Universität Basel und der Universitären Psychiatrischen Kliniken untersuchte systematisch, wie sich die Einnahme von Probiotika bei PatientInnen mit einer Depression auswirkt. Alle Teilnehmenden waren zur stationären Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken und erhielten zusätzlich zu Antidepressiva während 31 Tagen ein Probiotikum (21 Personen) oder ein Placebo (26 Personen). Weder die Teilnehmenden noch das Studienpersonal wussten während des gesamten Studienzeitraums, welches Präparat die Probandinnen und Probanden erhielten. Direkt vor der Behandlung, am Ende der 31 Tage sowie noch einmal vier Wochen später unterzogen die Forschenden die TeilnehmerInnen einer Reihe von Tests.
Die Analyse ergab, dass aufgrund der Antidepressiva die depressiven Symptome bei allen Teilnehmenden abnahmen. In der Probiotika-Gruppe verbesserte sich der Zustand der ProbandInnen jedoch deutlich stärker als in der Placebo-Gruppe. Zudem veränderte sich bei ihnen (zumindest zeitweise) die Zusammensetzung der Darmflora. Analyse von Stuhlproben zeigten eine Zunahme von Milchsäurebakterien am Ende der Behandlung; ein Effekt, der mit der Abnahme der depressiven Symptomatik einherging. Allerdings nahm der Anteil dieser gesundheitsfördernden Darmbakterien im Laufe der folgenden vier Wochen wieder ab. „Womöglich sind vier Wochen Behandlung nicht lang genug und die neue Zusammensetzung der Darmflora stabilisiert sich erst nach einem längeren Zeitraum“, erklärt Anna-Chiara Schaub, eine der Erstautorinnen.
Außerdem verhalten sich bei PatientInnen mit Depressionen bestimmte Hirnregionen für emotionale Verarbeitung anders als bei psychisch Gesunden. Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) konnten die Forschenden nach der vierwöchigen Probiotika-Einnahme eine Normalisierung der Hirnaktivität bei den Teilnehmenden feststellen, in der Placebo-Gruppe jedoch nicht. Die Forschenden setzten eine breite Palette an Bakterien in Form von Probiotika ein, wie sie bereits auf dem Markt sind. „Mit zusätzlichem Wissen über die spezifische Wirkung bestimmter Bakterien wäre es möglich, die Auswahl der Bakterien zu optimieren und die beste Mischung einzusetzen, um die Therapie bei Depressionen zu unterstützen“, sagt die Forscherin – sie betont jedoch, dass sich Probiotika als alleinige Therapie gegen eine Depression nicht eignen.

Literatur
1. Schaub AC, Schneider E, Vazquez- Castellanos JF et al: Clinical, gut microbial and neural effects of a probiotic add-on therapy in depressed patients: A randomized controlled trial. Translational Psychiatry 2022; 10.1038/s41398-022-01977-z.

Quelle: Universität Basel, Pressemeldung vom 09.06.2022



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 7/2022 auf Seite M354.

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