foodwatch-Studie: Marketing für „Kinder“-Lebensmittel entspricht trotz Selbstverpflichtungserklärung nicht den WHO-Empfehlungen

86 % der Lebensmittel, für die in Medien an Kinder gerichtet geworben wird, entsprechen in ihrer Zusammensetzung nicht den Empfehlungen des europäischen Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dies ergab eine Neuauflage der Studie zum Marketing für „Kinder“-Lebensmittel der Verbraucherorganisation foodwatch. Vor 6 Jahren lag der Anteil bei 90 %. Die WHO fordert, dass an Kinder gerichtete Werbung verbindlich nur noch für solche Lebensmittel zugelassen wird, die den Empfehlungen zu einer gesundheitsförderlichen Nährstoffzusammensetzung entsprechen.

Die neue Marktstudie stellte foodwatch am 25. August 2021 gemeinsam mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) vor. Ziel der Studie war es, den Gehalt an Zucker, Salz und Fett in 283 an Kinder beworbenen Lebensmitteln von 16 Lebensmittelkonzernen zu untersuchen und mit den Empfehlungen der WHO Europa abzugleichen.

Erstmals im Jahr 2007 hatten europäische Lebensmittel-Unternehmen eine Selbstverpflichtung zu verantwortungsvollerem Kindermarketing (EU Pledge) unterschrieben, in der sie sich verpflichten, Werbung für Lebensmittel an unter 12-Jährige (Update 2021: unter 13-Jährige) nur zu betreiben, wenn diese Lebensmittel den Vorgaben der WHO für den Gehalt an u. a. Zucker, Salz und Fett entsprechen.

Die Marktstudie kommt zu dem Ergebnis, dass

  • 242 von 283 (86 %) an Kinder beworbene Lebensmittel nicht den WHO-Empfehlungen für gesunde Kinderlebensmittel entsprechen,
  • es kaum Verbesserungen der Zahlen im Vergleich zur letzten Studie von foodwatch im Jahr 2015 gibt (86 % 2021 vs. 90 % 2015).

Zehn der 16 untersuchten Hersteller machen ausschließlich Kindermarketing für Produkte, die den WHO-Empfehlungen nicht entsprechen. Darunter sind Ferrero, Pepsico, Mars, Unilever und Coca-Cola. Die größte Anzahl an unausgewogenen Produkten bewerben Nestlé (44 Produkte), Kellogg‘s (24 Produkte) und Ferrero (23 Produkte).

Foodwatch und DANK fordern, dass eine gesetzliche Beschränkung der an Kinder gerichteten Werbung für unausgewogene Produkte im neuen Koalitionsvertrag verankert werden sollte.

Anmerkung: Dr. von Philipsborn, Mitarbeiter am Lehrstuhl Public Health der Ludwig-Maximilians-Universität München, kommentiert die Studie von foodwatch dahingehend, dass sie bestätige, was sich bereits in anderen Studien aus Deutschland und anderen Ländern gezeigt habe. An Kinder vermarktete Lebensmittel widersprächen meist allen Empfehlungen für eine gesunde Kinderernährung. Auch habe die bisherige Selbstverpflichtung der Industrie nichts Grundlegendes daran geändert. Die Studie zeige eindrucksvoll auf, dass die bekannten Probleme weitgehend unverändert fortbestehen, ebenso wie der politische Handlungsbedarf. Vorbild seien hier Länder wie u. a. Chile, die verbindliche Regeln für Kinderlebensmittel erlassen haben, welche sich an WHO-Empfehlungen orientieren.

Hintergrund
Das WHO-Regionalbüro für Europa definiert konkrete Vorgaben, wonach nur noch ernährungsphysiologisch ausgewogene Produkte an Kinder beworben werden sollten. Dabei spielen u. a. die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Energiegehalt oder zugefügte Süßstoffe eine Rolle.

Quellen:
- foodwatch, Pressemeldung vom 24.08.2021
- EU Pledge: Our Commitment. https://eu-pledge.eu/our-commitment/ (last accessed on 06 September 2021).
- von Philipsborn P: Kommentar zur Studie „Kindermarketing für Lebensmittel. Studie 2021“ von foodwatch. E-Mail vom 26.08.2021



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2021 auf Seite M565.

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