Lebensmitteltechnologie: Ackerbohnen – vom Futter- zum Lebensmittel

Ackerbohnen landen meist im Futtertrog. Dabei können sie auch für die menschliche Ernährung eine wertvolle Proteinquelle sein. Im Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising wird daran gearbeitet, hochwertige pflanzliche Proteine für die Lebensmittelherstellung nutzbar zu machen.

Aus Ackerbohnen, auch Saubohnen oder dicke Bohnen genannt, könnte hochwertiges pflanzliches Protein gewonnen werden – zunächst müssen jedoch Methoden gefunden werden, um unerwünschte Inhaltsstoffe und Aromen zu eliminieren. © ArtCookStudio/iStock/Thinks
Aus Ackerbohnen, auch Saubohnen oder dicke Bohnen genannt, könnte hochwertiges pflanzliches Protein gewonnen werden – zunächst müssen jedoch Methoden gefunden werden, um unerwünschte Inhaltsstoffe und Aromen zu eliminieren.

Heimische Hülsenfrüchte haben in Deutschland den Sprung aus der Nische geschafft. Dazu trägt u. a. ein wachsendes Lebensmittelangebot auf Basis von Erbsen, Linsen oder Lupinensamen bei. Auch die aus Hülsenfrüchten gewonnenen Proteine sind in der Lebensmittelindustrie zunehmend gefragt. Aus dem Samen isoliert, ist Protein aus Hülsenfrüchten vielseitig einsetzbar, denn es schmeckt nahezu neutral, ist gut löslich, kann sehr gut als Emulgator fungieren und vermag Wasser oder Öl zu binden. Lupinenproteine können bspw. tierische Proteine wie Casein, Molke oder Ei in Eis, Mayonnaise oder veganen Milchersatzprodukten ersetzen.

Auch wenn die Ackerbohne – auch dicke Bohne oder Saubohne genannt – traditionell in unterschiedlichen, meist regionalen Zubereitungsarten in Privathaushalten verwendet wird: Im Gegensatz zu Erbsen, Linsen und Lupinen spielt sie in der Lebensmittelverarbeitung bisher kaum eine Rolle. Dabei ist sie ebenfalls eine wertvolle Proteinquelle. Nach Einschätzung von Forschern des IVV hat sie ein großes Potenzial zur Herstellung hochwertiger Lebensmittelzutaten. Im Rahmen des Forschungsvorhabens QualiFabaBean arbeiten die Forscher daran, die Ackerbohnensamen so aufzubereiten, dass sich daraus hochwertige Mehle und Proteinkonzentrate erzeugen lassen – ohne unangenehmen Eigengeschmack und ohne unerwünschte Inhaltsstoffe. Bei der Ackerbohne sind v. a. die beiden sekundären Pflanzenstoffe Vicin und Convicin unerwünscht. Bei Menschen mit einem genetischen Enzymdefekt können sie zu Favismus1 führen. Hinzu kommen Phytinsäure, Tannine sowie Oligosaccharide, die blähend wirken können. Ebenfalls unerwünscht ist das für fast alle Leguminosen typische grasige und bohnige Aromaprofil.

Ziel der Lebensmitteltechnologen ist es daher, diese wertmindernden Stoffe zu entfernen und die ebenfalls vorhandenen enzymhemmenden Stoffe sowie die Enzyme, die an der Entstehung der grasig-bohnigen Fehlaromen beteiligt sind, zu inaktivieren. Aktuell sind die Forscher dabei, verschiedene Ackerbohnensorten und -genotypen hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihres Anteils an antinutritiven Inhaltsstoffen zu charakterisieren und die vielversprechendsten Sorten für die Gewinnung von Ackerbohnenmehlen und -konzentraten zu verwenden.

Im Rahmen eines anderen aktuellen Forschungsvorhabens (Protein2Food: -> www.protein2food.com) untersuchten die Forscher die Herstellung von Ackerbohnenkonzentraten mittels Windsichtung. Mithilfe dieses Verfahrens gelang es ihnen, die geschälten und feinst vermahlenen Samen in eine grobe, stärkereiche Fraktion (Stärkegehalt: 79 %, zu 90 % Partikeldurchmesser 120 μm) und eine feine, proteinreiche Fraktion (Proteingehalt 67 %, zu 90 % Partikeldurchmesser 90 μm) aufzuteilen. Dabei wurden erwartungsgemäß Vicin bzw. Convicin in der proteinreichen Fraktion angereichert, weshalb dieses Verfahren nur für Vicin-/Convicin-arme Sorten geeignet ist.

Fazit: Auf Basis der ersten Ergebnisse gehen die Forscher davon aus, dass man aus Ackerbohnensamen hochwertige Lebensmittelzutaten herstellen kann. Dafür muss es jedoch zunächst gelingen, die unerwünschten Inhaltstoffe zu entfernen, um anschließend die neu entwickelten Ackerbohnenpräparate in Modelllebensmitteln testen zu können.

1 Favismus: Ein krankhafter Verlauf eines genetisch bedingten Enzymmangels an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) mit rezidivierenden Hämolysen und chronischer Anämie. Ca. 7,5 % der Weltbevölkerung weisen den G6PD-Enzymmangel auf, der jedoch erst nach Genuss oder Einatmen der Pollen der Ackerbohne die Krankheit Favismus auslösen kann.

Quelle: Nina Weiler, Freie Journalistin; info@nina-weiler.de



Die Förderung des Vorhabens QualiFabaBean erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 3/2018 auf Seite M130-M131.

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