Biomarker identifiziert: Ballaststoffverzehr messen mittels Fettsäuren im Blut

Nur wenige Menschen erreichen die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Aufnahmemenge von 30 g Ballaststoffen pro Tag. Um die Ballaststoffaufnahme abzuschätzen, sind Wissenschaftler auf die Selbstauskünfte zu Ernährungsgewohnheiten angewiesen.

Ballaststoffe helfen u. a., das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 zu verringern. Zudem war bekannt, dass Menschen mit hohen Blutkonzentrationen an C15- und C17-Fettsäuren (FS) ebenfalls ein vermindertes Diabetes-Risiko haben. Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass der Mensch diese FS nicht selbst bilden kann und mit der Nahrung, z. B. aus Milchprodukten, aufnehmen muss. Zumindest die Leberzellen von Nagern besitzen die Fähigkeit, diese FS aus der kurzkettigen FS Propionat zu synthetisieren, die beim mikrobiellen Abbau löslicher Ballaststoffe im Darm entsteht.

Ein Forscherteam um Karolin WEITKUNAT vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) untersuchte, ob ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ballaststoffverzehr, den Blutkonzentrationen an C15- und C17-FS und dem Diabetes-Risiko bestehen könnte [1]. Da ein Nachweis für die menschliche körpereigene Synthese von C15- und C17-FS bislang fehlte, führten WEITKUNAT et al. eine Ernährungsstudie mit 16 gesunden Teilnehmern durch. Sieben Tage lang erhielten diese im Wechsel zusätzlich zu ihrer normalen Kost täglich entweder 30 g Zellulose, 30 g Inulin oder 6 g Propionat. Der unlösliche Ballaststoff Zelulose trägt im Gegensatz zu dem löslichen Ballaststoff Inulin nicht zur mikrobiellen Propionatbildung im Darm bei. Die FS-Spiegel wurden vor und nach jeder Supplementierung bestimmt. Zusätzlich wurde in Zellkulturexperimenten der Propionatstoffwechsel in menschlichen Leberzellen genauer analysiert. Der Zelluloseverzehr hatte keinen Einfluss auf die Blutspiegel der C15- und C17-FS. Dagegen stiegen die Spiegel der C15-FS nach dem Verzehr von Inulin um 17 %, nach der Aufnahme von Propionat um 13 %. Die Blutwerte der C17-FS erhöhten sich parallel um durchschnittlich 11 bzw. 13 %. Auch in den Zellkulturexperimenten stimulierte die Zugabe von Propionat ins Nährmedium die Produktion der beiden FS in den Leberzellen.

Die Ergebnisse zeigen, dass auch der Mensch in der Lage ist, C15- und C17-FS aus der Vorstufe Propionat zu bilden. „Darüber hinaus verschiebt sich die FS-Synthese umso mehr in Richtung der beiden FS, je mehr Propionat in die Leberzellen gelangt“ sagt WEITKUNAT. „Dabei ist der mikrobielle Abbau löslicher Ballaststoffe im Darm für die in der Leber zur Verfügung stehende Propionatmenge ganz entscheidend“, so die Wissenschaftlerin weiter. „Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Propionat die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen verbessert. Daher spricht vieles dafür, dass ein kausaler biologischer Zusammenhang zwischen einer erhöhten Aufnahme löslicher Ballaststoffe, erhöhten Blutwerten der C15- und C17-FS sowie einem verminderten Typ-2-Diabetes-Risiko besteht“, ergänzt Dr. SCHUMANN, ebenfalls Erstautorin der Studie. Die Untersuchungsergebnisse untermauern die Resultate von Beobachtungsstudien und legen nahe, dass die Blutwerte der C15- und C17-FS künftig als Biomarker für den Verzehr löslicher Ballaststoffe genutzt werden können.



(he) Ein störender Einfluss der ungeradzahligen FS aus Milchfett (42 mg C15:0/100 mL Vollmilch bzw. 22 mg C17:0/100 mL) ist laut Autoren lediglich für C15:0 beschrieben, sodass die C17:0-FS der hauptsächliche Stoffwechselindikator sein dürfte. 



Literatur:
1. Weitkunat K. et al. (2017) Oddchain fatty acids as a biomarker for dietary fiber intake: a novel pathway for endogenous production from propionate. Am J Clin Nutr [DOI: 10.3945/ajcn.117.152702]

Quelle: DIfE, Pressemeldung vom 02.05.2017



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 6/17 auf Seite M316.

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