Kinderernährung: Leere Eisenspeicher bei Babys

In einer Auswertung von Daten aus der PINGU-Studie (Multimodale Interventionsstudie zur Fettsäureoptimierung in der Beikost) des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) Dortmund fanden die Wissenschaftler eine im Vergleich zu den Empfehlungen durchschnittlich zu niedrige Eisenaufnahme und eine im Vergleich zu früheren Daten höhere Prävalenz von niedrigen Ferritinwerten [1].

Gemessen wurden die Eisenaufnahme im 1. Lebensjahr (im Alter von 2, 4, 6 und 10 Monaten) sowie der Eisenstatus im Blut nach 4 und 10 Monaten von 73 Kindern. Die Aufnahme von Eisen war insgesamt niedrig, bei gestillten Kindern noch niedriger als bei Kindern, die mit Säuglingsmilchnahrung ernährt wurden; die Aufnahmemengen glichen sich dabei mit höherem Alter an. Auch im 2. Lebenshalbjahr war die Eisenaufnahme in beiden Gruppen noch zu niedrig, obwohl die an der Studie teilnehmenden Mütter über den „Ernährungsplan für das erste Lebensjahr“ des FKE aufgeklärt wurden. Trotz unterschiedlicher Aufnahmemenge fanden sich kaum Unterschiede im Eisenstatus in beiden Gruppen. Auch der Zeitpunkt der Einführung der Beikost erwies sich in dieser Studie nicht als Einflussfaktor. Bei über 35 % der untersuchten Kinder wurde der Ferritinspiegel als Marker der Eisenspeicher im Körper als niedrig (< 12 ng/mL) eingeschätzt. Die Spanne der Werte war recht hoch, ein klinischer Eisenmangel (Ferritin < 12 ng/mL; Hämoglobin [Hb] < 10,5 g/dL) lag bei einem Säugling vor.

Eine geänderte Richtlinie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) von 2006 für einen geringeren Eisengehalt in Säuglingsmilchnahrung hat vermutlich dazu beigetragen, dass der Eisenstatus von gestillten vs. mit Formula ernährten Säuglingen in dieser Studie annähernd gleich war – im Gegensatz zu einer früheren Studie der gleichen Arbeitsgruppe (DINO), in der die Formula-ernährten Säuglinge höhere Hb- und Ferritinwerte hatten als die gestillten. Die Prävalenz niedriger Ferritinspiegel lag in den Daten der DINO-Studie bei Formula-ernährten Kindern noch bei Null. Problematisch für die Eisenversorgung könnte auch die im Vergleich zu den empfohlenen Mengen an Fleisch für die selbst hergestellte Säuglingsnahrung (12 g) niedrigere Fleischmenge in industriell hergestellten Gemüse-Fleisch-Breien sein (durchschnittlich 8 g).

Die Interpretation der Daten ist trotzdem schwierig, da es keine sicheren Referenzwerte für den Ferritinspiegel bei Säuglingen gibt – ein cut-off-Wert zwischen Werten im Normalbereich und entleerten Speichern mit Konsequenzen für Stoffwechselfunktionen wurde bisher nicht definiert. Hinzu kommt, dass niedrige Werte der Marker im Blut nicht automatisch auf einen Eisenmangel schließen lassen, da der Transfer aus den Speichern ins Blut bei Kleinkindern vom Körper an den aktuellen Bedarf für das Wachstum angepasst wird. Ein Unterschied in den Blutwerten wurde trotz erheblicher Zufuhrunterschiede zwischen gestillten und Formula-ernährten Kindern in dieser Studie nicht gefunden. Die Ergebnisse mit einer insgesamt hohen Prävalenz niedriger Ferritinwerte, aber einer im Europavergleich niedrigen Inzidenz klinischen Eisenmangels, ohne erkennbaren Einfluss der Art der Milchernährung und des Zeitpunktes der Einführung von Beikost, weisen auf eine vermutlich grenzwertig niedrige Eisenversorgung von Säuglingen und Kleinkindern hin. Die Autoren der Studie fordern nachdrücklich eine Ausweitung der Forschung zum Eisenstoffwechsel und -bedarf von Kleinkindern, um evidenzbasierte Empfehlungen zu Blutparametern generieren zu können und die Versorgung langfristig zu verbessern [1, 2].

Literatur:
1. Libuda L, Hilbig A, Berber-Al-Tawil S et al. (2016) Association between full breastfeeding, timing of complementary food introduction, and iron status in infancy in Germany: results of a secondary analysis of a randomized trial. Eur J Nutr [published online; DOI: 10.1007/s00394- 016-1335-5]
2. Kahlhoff H, Kersting M (2017) Breastfeeding or formula feeding and iron status in the second 6 months of life: a critical role for complementary feeding. A Letter to the Editor. J Pediatr [in press]


Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 6/17 auf Seite M310.

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