Sprachbarrieren und Kulturschock: Schlechter Ernährungsstatus bei Frauen in Flüchtlingsunterkünften

Drei Studentinnen der Unversität Hohenheim haben 96 Flüchtlinge aus acht Ländern zu ihrer Ernährungslage befragt. Die Arbeiten entstanden in Zusammenarbeit mit dem Food Security Center der Universität Hohenheim, dem Institut für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft und der Caritas Stuttgart, die die Ergebnisse für Verbesserungen in den Gemeinschaftsunterkünften nutzen will.

Die Ergebnisse: Vor allem der Konsum von Fleisch und Fisch, aber auch von traditionellen, alltäglichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten ist im Vergleich zum Herkunftsland deutlich zurückgegangen. „Die befragten Flüchtlinge berichteten von einer Appetitlosigkeit nach der Flucht, die auch nach der Ankunft in Deutschland lange vorherrscht“, sagt Betreuerin PD Dr. Veronika SCHERBAUM. Dies kann die Folge von Traumata durch Kriege und Gefahren während der Flucht sein.

Auch die Vielfalt an unbekannten Lebensmitteln irritiere einige Flüchtlinge. Neben Sprach- und Wissensbarrieren sind es aber auch kulturelle Unterschiede, die den Ernährungsstatus verschlechtern: Viele kaufen aus Unsicherheit bspw. kein Fleisch, aus Unwissenheit, ob es halal ist oder nicht. Die Probanden gaben außerdem an, dass die Wege zwischen den Sammelunterkünften und der nächstgelegenen preiswerten Einkaufsgelegenheit oft weit sind. „Vor allem schwangere Frauen und Mütter mit Kleinkindern trauen sich oft nicht, weite Strecken alleine zurückzulegen“, erklärt Dr. SCHERBAUM.

Weitere Ursachen liegen in den Unterkünften selbst: Zu kleine Küchen, zu viele oder fremde Männer führen dazu, dass viele Frauen einen Großteil der Mahlzeiten in ihren Zimmern vorbereiten, ohne Kühlmöglichkeiten, weshalb Lebensmittel leichter verderben. Sie beauftragen häufig Männer, einkaufen zu gehen. Diese essen daher auch außerhalb der Unterkünfte und ernähren sich daher ausgewogener und sind körperlich aktiver.

Einen Zuwachs konnten die Nachwuchswissenschaftlerinnen allerdings feststellen: Die Studienteilnehmer gaben an, mehr Obst zu essen, da dies besser verfügbar sei als in ihren Heimatländern.

Quelle: Universität Hohenheim, Pressemeldung vom 12.04.2017



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 6/17 auf Seite M312.

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