Friedman School of Nutrition: Wie nützlich ist der Glykämische Index?

Könnte man Lebensmittel in eine Skala von „gesund“ bis „ungesund“ einreihen, würde das eine gesunde Ernährung erleichtern.

Als genau solch eine Skala verwenden manche Menschen den glykämischen Index (GI) – so die Einleitung eines Kommentars zu Sinn und Nutzen des glykämischen Index im Universitätsmagazin Tufts Nutrition der Friedman School of Nutrition in Boston/USA [1].

Leidet man unter Diabetes mellitus, ist die Information, wie sich ein Lebensmittel oder eine Speise auf den Blutglukosewert auswirkt, tatsächlich eine wichtige und hilfreiche Information. Auch beim Abnehmen ist es günstig, häufiger Kohlenhydratlieferanten mit niedrigerem GI zu wählen. Schaut man genauer hin, wird die Aussagekraft dieses Wertes jedoch komplexer: Je nach Verarbeitungsgrad (z. B. Rübensirup/-zucker), Reifegrad (z. B. Banane), Zubereitungsart (z. B. Kartoffeln), Kochzeit (z. B. Nudeln) variiert der GI eines speziellen Lebensmittels beträchtlich. Dazu hängt er noch vom individuellen Stoffwechsel und der Zusammensetzung der Speisen und der Ernährung allgemein ab. Schwierig also, eine exakte Aussage über die Blutglukosewirkung einer genau definierten, an einem bestimmten Tag zusammen mit bestimmten anderen Lebensmitteln von einem Individuum gegessenen Speise zu treffen. Hinzu kommt, dass ein z. B. ein Snickers wegen des Fruktoseanteils einen niedrigeren GI hat als Wassermelone oder Erbsen (• Tabelle 1).

Generelle Aussagen zum Gesundheitswert eines Lebensmittels lassen sich mit dem glykämischen Index daher nicht treffen, weil er eben nur einen Teil der Wirkung auf den Stoffwechsel abbildet. Ein zu großer Fokus auf den GI lenke vielmehr von den zentralen Bedingungen einer gesunden Ernährung ab: einer bedarfsgerechten Energiezufuhr und einem ausbalancierten Verhältnis der Makronährstoffe untereinander mit guter Qualität der einzelnen Nährstoffe, äußert sich dazu Alice H. Lichtenstein, Professorin für Ernährungswissenschaft und -politik an der Friedman School of Nutrition. Man könne Menschen nur eine begrenzte Anzahl an Ernährungsempfehlungen zumuten, daher solle man sich auf die (einfachen) Botschaften konzentrieren, die unter allgemeiner Perspektive am effektivsten seien. Der GI ist damit aber auf keinen Fall überflüssig. Die Einordnung von Lebensmitteln in der GI-Skala im Verhältnis untereinander ist durchaus hilfreich für eine stoffwechselgesunde Ernährung, ganz besonders für Menschen mit Diabetes mellitus.

Dariush Mozaffarian, Professor für Ernährungsmedizin an der Friedman School, schätzt den GI, weil er darauf hinweist, dass reine Stärke „ein versteckter Zucker“ ist. Die hohe Menge und schnelle Verdauung von vielen Stärken und Zuckern in unserer Nahrung sei ein wichtiger Faktor für die weite Verbreitung von Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2.

Literatur:
1. McNeil T (2018) Carb-ranking controversy. How useful is the glycemic index? Tufts Nutrition. Magazine of the Friedman School of Nutrition Science, Winter 2018. URL: http://sites.tufts.edu/nutrition/winter-2018/carb-ranking-controversy/  Zugriff 14.08.18


Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 11/2018 auf Seite M599.

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