DONALD News: Morgendliche und abendliche Energie- und Makronährstoffaufnahme in der Kindheit und Körperzusammensetzung in der frühen Jugend

  • 15.02.2017
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  • Tanja Diederichs
  • Anette Buyken

Die Grundschulzeit gilt als kritische Phase für die Entwicklung von Übergewicht sowie die Persistenz von bereits vorliegendem Übergewicht. Ein Grund hierfür könnte die deutliche Veränderung der Tagesroutine mit Eintritt in den Kindergarten bzw. die Schule sein, die auch eine Veränderung des so genannten zirkadianen (= ca. 24 h) Rhythmus einschließt.

Für Erwachsene konnte bereits gezeigt werden, dass Änderungen im Tagesrhythmus entgegen dem zirkadianen Rhythmus, induziert z. B. durch Schichtarbeit, zu erhöhten Risiken für Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 oder kardiovaskuläre Erkrankungen führen. Aber auch leichte Störungen werden als risikoerhöhend diskutiert. Es scheint also plausibel, dass die tageszeitspezifische Nahrungsaufnahme in der Kindergarten- und Grundschulzeit – insbesondere dann, wenn sie nicht zum individuellen zirkadianen Rhythmus des Stoffwechsels passt – für die spätere Körperzusammensetzung relevant ist. Daher untersuchten wir, ob die morgendliche (vor 11 Uhr) und abendliche (nach 18 Uhr) Energie- oder Makronährstoffzufuhr in drei Zeitfenstern (3./4. Lebensjahr, 5./6. Lebensjahr oder 7./8. Lebensjahr) kritisch für die Körperfettmasse am Ende der Grundschulzeit ist. Die Analysen basierten auf Daten von 297 DONALD (DOrtmund Nutritonal and Anthropometric Longitudinally Designed Study) Probanden. Für jeden der Teilnehmer lagen pro Zeitfenster zwei 3-Tage-Wiege-Ernährungsprotokolle sowie eine anthropometrische Messung im 10. bzw. 11. Lebensjahr vor. Die Fettmasse wurde anhand des Fettmasse-Index (FMI, kg/m2) charakterisiert, der ähnlich dem Body Mass Index (BMI) berechnet wird. Dafür wurde die Körperfettmasse zunächst mithilfe von Messungen der Dicke zweier Hautfettfalten berechnet.

Unsere Auswertung ergab, dass Kinder, die im Alter von 7/8 Jahren morgens weniger Fett (p = 0,01) und mehr Kohlenhydrate (p = 0,01) verzehrten, mit 10/11 Jahren einen höheren FMI hatten (• Abbildung 1, s. u.). Ebenso ging eine Verringerung der morgendlichen Fettzufuhr (p = 0,02) bzw. eine Erhöhung der morgendlichen Kohlenhydratzufuhr (p = 0,05) zwischen dem 3./4. und 7./8. Lebensjahr mit einem höheren FMI am Ende der Grundschulzeit einher. Dem deutlichen Unterschied in der Fettmasse lag allerdings nur eine geringfügige Veränderung der Lebensmittelauswahl zugrunde: Für ein fettreicheres Frühstück wurde Brot eher mit Käse, Wurst oder Ei belegt als mit Marmelade oder Honig und die Basis eines Müslis waren eher Haferflocken und Nüsse anstelle von verarbeiteten Zerealien.

Welcher Mechanismus die tageszeitspezifischen Ergebnisse erklären kann, ist bisher unklar. Es könnte sein, dass die Blutglukosewirksamkeit der Kohlenhydrate bzw. ihr bevorzugter Verzehr am Morgen (d. h. zirkadiane Aspekte der Kohlenhydratzufuhr) eine Rolle spielen. Offen bleibt außerdem, warum sich die abendliche Energie- und Makronährstoffaufnahme nicht als relevant erwies, obwohl Interventionsstudien an Erwachsenen solche Zusammenhänge erwarten lassen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass eine habituelle morgendliche Nahrungsaufnahme mit geringem Fett- und hohem Kohlenhydratanteil bei Grundschulkindern zu einer höheren Fettmasse am Ende der Grundschulzeit führt. Wenn sich dies in anderen Studien bestätigt, sollten Empfehlungen für ein fettarmes, kohlenhydratreiches Frühstück überdacht werden.

M.Sc. (troph.) Tanja Diederichs
PD Dr. oec. troph. Anette Buyken
IEL-Ernährungsepidemiologie
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
DONALD Studie, Dortmund
E-Mail: buyken@uni-bonn.de 

Literatur:
1. Diederichs T, Roßbach S, Herder C et al. (2016) Relevance of morning and evening energy and macronutrient intake during childhood for body composition in early adolescents. Nutrients 8: E716

Die Abbildung 1 finden Sie hier.



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 2/17 auf Seite M61.

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