Diagnostik: Neues Referenzsystem zur Diagnose des metabolischen Syndroms bei Kindern

Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und ein gestörter Fettstoffwechsel sind die vier Kennzeichen des metabolischen Syndroms, von dem immer häufiger bereits Kinder betroffen sind. Um möglichst früh geeignete therapeutische Maßnahmen einleiten zu können, ist es wichtig, betroffene Kinder rechtzeitig zu identifizieren und eine verlässliche Diagnose zu stellen.

Lange fehlten dazu jedoch passende und einheitliche Referenzwerte, an denen sich Kinder- und Jugendärzte orientieren konnten. Mit einem neuen Referenzsystem schließt das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Bremen, diese Lücke. Darüber hinaus wurde ein webbasiertes Online-Tool entwickelt, das Kinder- und Jugendärzte bei der Diagnose des metabolischen Syndroms unterstützen soll.

Für Erwachsene geltende Referenzwerte lassen sich nicht ohne weiteres auf Kinder „herunterrechnen“, da sich in der Kindesentwicklung Körpergröße und -proportionen – und damit auch die Fettverteilung – stark verändern. Zudem haben auch die Pubertät und damit verbundene Veränderungen im Hormonhaushalt starken Einfluss, etwa auf die Insulinsensitivität. Das neue, flexible Referenzsystem basiert auf Daten von mehr als 12 000 Kindern (3–10 Jahre) aus acht europäischen Ländern und ist alters- und geschlechtsspezifisch. Die Daten stammen aus der IDEFICS-Studie (Identification and prevention of dietary- and lifestyle-induced health effects in children and infants). Im Fokus standen kindliches Übergewicht und Adipositas und deren langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit.

Webbasiertes Online-Tool

Um den diagnostischen Zugang schnell und unkompliziert zu ermöglichen, hat das BIPS ein webbasiertes, frei zugängliches Online-Tool entwickelt. Für die diagnostische Nutzung sollen folgende Parameter erhoben werden:

• Hüftumfang (als Gradmesser für die abdominelle Fettverteilung),
• Triglyzerid- bzw. HDL-Cholesterinwerte
• Nüchternblutglukosekonzentration (als möglicher Hinweis auf einen gestörten Glukosestoffwechsel),
• systolischer/diastolischer Blutdruck

Die Werte werden zusammen mit dem Alter, Geschlecht und der Größe des Kindes in die Eingabemaske eingetragen. Bereits während der Eingabe der Daten zeigen verschiedene Grafiken, inwieweit sich die Messwerte des Kindes von denen seiner Altersgenossen unterscheiden. Liegen diese Messwerte bei mindestens drei der vier Hauptsymptome im auffälligen Bereich (oberhalb des 90 %-Perzentils), empfiehlt das Online-Tool, die Entwicklung des Kindes aufmerksam weiterzuverfolgen (Monitoring Level). Bei noch deutlicherer Abweichung von der Norm (oberhalb des 95 %-Perzentils) wird eine pädiatrische, therapeutische Intervention empfohlen (Action Level).

Darüber hinaus errechnet das Online-Tool einen Score, der sämtliche Komponenten des metabolischen Syndroms in einem für Alter und Geschlecht standardisierten, aggregierten Wert abbildet. Somit lassen sich insbesondere Änderungen im zeitlichen Verlauf beobachten.
-> www.bips-institut.de/forschung/software/mets-score.html 

Quelle: Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Pressemeldung vom 10.10.2017



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 2/2018 auf Seite M64.

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