Nachhaltigkeit: Hochschule Osnabrück entwickelt Handlungsempfehlungen gegen Lebensmittelverschwendung

In dem Forschungsprojekt „Lebensmittel fairteilen statt verschwenden“ (LeMiFair) der Hochschule Osnabrück geht es um die Vielschichtigkeit der Lebensmittelverschwendung mit dem Schwerpunkt auf die Arbeit der Tafeln. Ziel des Projekts war, erstmals eine empirische Datengrundlage zu deren Situation zu schaffen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. So zeigt sich u. a., dass rechtliche Unsicherheiten vorliegen. Außerdem bedarf es fester Ansprechpersonen sowie finanzieller und organisatorischer Unterstützung.

Laut Niedersachsens Ernährungsministerin Miriam Staudte leisten die Tafeln in Deutschland und Niedersachsen einen essenziellen Beitrag für einkommensschwache und armutsbetroffene Privathaushalte. Zudem seien sie wichtige Lebensmittelretter. Personell stehen die Tafeln mit ihren ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen vor großen Herausforderungen, ebenso hinsichtlich der Organisation und Logistik. „In der praktischen Arbeit der engagierten Bürgerinnen und Bürger der Tafeln gehören rechtliche Unsicherheiten zum Alltag und das ist ein nicht zu unterschätzendes Problem“, erklärt Prof. Dr. Melanie Speck, Prof. für Sozioökonomie in Haushalt und Betrieb an der Hochschule Osnabrück.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum zeige ein konkretes Dilemma der Tafeln: Wohlwissend, dass die Lebensmittel noch genießbar sind, verteilen manche Tafeln diese nur mit einer entsprechenden Erklärung. Andere wiederum sammeln sie auf einem Sondertisch und wiederum andere Tafeln geben sie ganz normal weiter.
„An diesem Beispiel zeigt sich, dass wir eigentlich juristisch einen rechtssicheren Raum mit Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum haben, der aber in der Praxis trotzdem zu sehr unterschiedlichen Lösungen bei der Weitergabe von Lebensmitteln führt“, erklärt Speck.
Innerhalb des Forschungsprojekts wurden Interviews mit Expert*innen und Fokusgruppen geführt, außerdem gab es Runde Tische, um ein möglichst vielschichtiges Bild zu erhalten. Neben der Schaffung von Rechtssicherheit zeigten sich durch die qualitativen Ergebnisse weitere Potenziale, um die Arbeit der Tafeln zu erleichtern und generell die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Ein Ansatz ist eine bessere Vernetzung und Kommunikation der Tafeln mit Kommunen und Land sowie den weitergebenden Institutionen. Denn in manchen Kommunen gibt es eine strukturierte und konstruktive Zusammenarbeit, in anderen Kommunen ist dies nicht der Fall.
„Eine feste Ansprechperson innerhalb der Kommune hätte eine gute Übersicht über die Aufgaben, Bedarfe und Grenzen der Tafeln und könnte damit die richtigen Empfehlungen aussprechen. Beispielsweise kann es aktuell vorkommen, dass Personen an die Tafeln verwiesen werden, obwohl dort die Kapazitäten bereits erschöpft sind“, sagt Prof. Dr. Sabine Bornkessel, Prof. für Lebensmittelverarbeitung und Verpflegung an der Hochschule Osnabrück. Darüber hinaus könnte eine Schnittstellenposition auf Landesebene eingesetzt werden, um als Anlaufstelle für regionale Tafeln und weitere Einrichtungen zu fungieren.
Die Forscherinnen sehen großen Bedarf, weitere Analysen rund um die Lebensmittelweitergabe auch mit bundesweitem Bezug umzusetzen. Es sind viele Akteure im Feld, z. B. Foodsharing und Too Good To Go. Diese Akteure haben sehr unterschiedliche Handlungspunkte, z. B. weniger karitative und mehr ökologische Motive oder einen erwerbswirtschaftlichen Fokus.

Quelle: Hochschule Osnabrück, Pressemeldung vom 05.03.2024



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 4/2024 auf Seite M194 bis M195.

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