Ernährungspolitik: Debatte um Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch

(kl) Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch – gefordert von TierschützerInnen, begrüßt u. a. von SPD und Grünen – hat eine breite Debatte ausgelöst. Die Mehrwertsteuer beträgt in der Regel 19 % des Nettopreises. Fleisch und die meisten tierischen Lebensmittel fallen jedoch unter den ermäßigten Steuersatz von 7 %.

Bei der Debatte um die Erhöhung auf 19 % für Fleisch geht es um die Sinnhaftigkeit des Vorstoßes, um Tierhaltung, aber auch um Klimaschutz und Verbraucherverhalten. Das zusätzliche Geld soll dem Tierwohl zugutekommen. Wir haben für Sie verschiedene Statements zur Debatte herausgesucht.

Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner: „Es gibt eine Sensibilität dafür, dass mehr Tierwohl nicht zum Nulltarif zu haben ist und mehr Geld kostet. Das Geld muss nicht automatisch aus Steuererhöhungen kommen, sondern kann durch Schwerpunktsetzungen erreicht werden.“ [1]

Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW): „Eine differenzierte Mehrwertsteuer kann einen Beitrag dazu leisten, dass Preise die Wahrheit sprechen. Das misslingt aber, wenn der Mehrwertsteuersatz für Fleisch pauschal auf 19 % angehoben wird. Denn dann steigt der Preis für teure Produkte stärker als für billige, am stärksten der Preis für Bio-Produkte. Denn diese kosten mehr, weil Bio-Bauern Huhn, Rind oder Schwein mehr Platz und Auslauf geben, weniger Tiere auf der Fläche halten und Bio-Futter füttern. Mit einer pauschalen Fleischsteuer erreicht man also das Gegenteil dessen, was man beabsichtigt: Die Nachfrage wird gezielt auf Produkte gelenkt, die unter den niedrigsten Standards produziert werden. Der Preisabstand zwischen Bio- und den anderen Produkten würde wachsen.“ [2]

Matthias Wolfschmidt, foodwatch: „Die Mehrwertsteuerdebatte lenkt nur von der eklatanten staatlichen Tierschutzverweigerung ab. Seit 2002 steht Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz. Geschehen ist seither – so gut wie nichts. Keine einzige Partei, keine Regierung hat auch nur ansatzweise ein Tierschutzkonzept vorzuweisen, das die Tiere und ihre Gesundheit in den Mittelpunkt stellt.“ [3]

Sebastian Joy, ProVeg: „Angesichts der Erkenntnisse zu den zahlreichen negativen Auswirkungen des derzeit überhöhten Fleischkonsums ist diese steuerliche Besserstellung nicht mehr zu rechtfertigen. Schließlich bringen die Produktion und der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln unverhältnismäßige sozioökonomische und ökologische Folgen – und erhebliche Kosten - mit sich.“ [4]

=> Ausführliche Übersicht der verschiedenen Positionen in „Online PLUS“

Quellen:
1. BMEL, Pressemeldung vom 07.08.2019
2. BÖLW, Pressemeldung vom 07.08.2019
3. foodwatch, Pressemeldung vom 07.08.2019
4. ProVeg e. V., Pressemeldung vom 08.08.2019



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2019 auf Seite M511.

Das könnte Sie interessieren
Medienumschau 5/2024 weiter
Effektivität und Nachhaltigkeit einer zweiwöchigen Ferienmaßnahme für übergewichtige... weiter
Aus BALD (Bund für Ausbildung und Lehre in der Diätetik) wird BALD e. V. weiter
Diagnose-Tool für Schluckstörungen bei älteren Patient*innen weiter
Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt weiter weiter
Wahl zum Lieblingscover 2023 weiter