Cochrane-Gesellschaft: Aprikosenkerne - kein Mittel gegen Krebs

Obwohl sie giftiges Amygdalin enthalten, gibt es geschälte bittere Aprikosenkerne, genauer gesagt den inneren weichen Kern des holzigen Aprikosenkerns, als Snack zu kaufen. Schon die Menge, die in wenigen Kernen enthalten ist, kann aber gesundheitsschädlich sein, wie die österreichische Cochrane-Gesellschaft mitteilt.

© anmbph/iStock/Thinkstock
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Im November 2018 musste die österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) ein solches Produkt wegen Vergiftungsgefahr zurückrufen [1]. Doch Aprikosenkerne werden nicht nur als Knabberei angeboten, sondern auch als Mittel gegen Krebs verkauft. Es gibt allerdings keinen wissenschaftlichen Nachweis und aktuell auch keinen Hinweis auf eine krebsheilende oder -vorbeugende Wirkung.

Das cyanogene Glykosid Amygdalin kommt in natürlicher Form auch in den Kernen anderer Steinfrüchte wie Pfirsichen oder Zwetschgen (Pflaumen) sowie in hohen Konzentrationen in rohen Bittermandeln vor. Während der Verdauung entsteht aus Amygdalin giftige Blausäure. Je nach Schwere der Vergiftung reichen die Beschwerden von Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen über Atemnot bis hin zum Tod [2, 3]. Die gleichzeitige Einnahme von Vitamin C, aber auch ein Vitamin-B12-Mangel können das Risiko für eine Vergiftung erhöhen [4].

Die Theorie hinter dem Glauben, dass Amygdalin gegen Krebs hilft, ist, dass die entstehende Blausäure Krebszellen bevorzugt schädige. Diese seien empfindlicher als gesunde Körperzellen. In Laborexperimenten ließ sich diese Theorie jedoch nicht bestätigen [5]. Einer weiteren Theorie zufolge ist Krebs eine Stoffwechselkrankheit, die durch einen Mangel an „Vitamin B17“ (gemeint ist Amygdalin) verursacht wird. Tatsächlich gibt es kein Vitamin mit diesem Namen. Amygdalin ist für den Stoffwechsel in keiner Weise notwendig und darf daher auch nicht als Vitamin bezeichnet werden.

Nach eigenen Aussagen ist der Cochrane-Gesellschaft keine aussagekräftige Studie bekannt, in der die antikanzerogene Wirkung von Aprikosenkernen oder dem darin enthaltene Amygdalin untersucht wurde [4]. Das gilt auch für die im Labor hergestellte Form Lätril (engl.: laetrile). Eine Besserung der Krebserkrankung wird nur in Einzelfallberichten beschrieben [2]. Das Problem bei solchen Fallberichten ist die fehlende Kontrollgruppe. Dass sich die Erkrankung auch ohne diese Mittel gebessert hätte, lässt sich weder beweisen noch ausschließen.

Traditionell werden bittere Aprikosen- oder auch bittere Mandelkerne wegen ihrer Aromaeigenschaften für Marzipan, Persipan und verwandte Produkte verwendet, wobei die Aromenverordnung den Blausäuregehalt dieser Produkte auf sicherem Niveau limitiert. Geringe Mengen Amygdalin kann der menschliche Körper noch selbst abbauen. Laut der Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liegt die akute Referenzdosis (ARfD) bei 20 μg Cyanid pro kg Körpergewicht. Diese unbedenkliche Dosis entspricht für Erwachsene ca. 3 kleinen Aprikosenkernen pro Tag. Kinder sollten diese Kerne gar nicht zu sich nehmen.

Literatur:

  1. AGES. Produktwarnungen und Produktrückrufe. Bio-Bittere Aprikosenkerne. URL: www.ages.at/produktwarnungen/produktwarnung/bio-bittere-aprikosenkerne/  Zugriff 25.02.19
  2. Milazzo S et al. (2007) Laetrile for cancer: a systematic review of the clinical evidence. Support Care Cancer 15: 583–595
  3. Bundesinstitut für Risikobewertung. Zwei bittere Aprikosenkerne pro Tag sind für Erwachsene das Limit – Kinder sollten darauf verzichten. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 009/2015 des BfR vom 7. April 2015
  4. Milazzo S, Horneber M (2015) Laetrile treatment for cancer. Cochrane Database Syst Rev 28: CD005476
  5. Blaheta RA et al. (2016) Amygdalin, quackery or cure? Phytomedicine 23: 367–376

Quellen:



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 3/2019 auf Seite M134.

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