Lebensmittelchemie: Gesundheitsschädliche Wirkungen von Glykierungsprodukten nicht belegt

Der Begriff „Glykierungsprodukte“ (Advanced Glycation Endproducts, AGEs) umfasst ein breites Spektrum strukturell sehr unterschiedlicher Verbindungen. Diese entstehen sowohl endogen im menschlichen Körper als auch beim Erhitzen von Lebensmitteln durch die Maillard-Reaktion, eine chemische Reaktion zwischen reduzierenden Zuckern und Aminosäuren.

Laut verschiedenen Ratgeberplattformen ist man durch den übermäßigen Verzehr erhitzter Lebensmittel, die Glykierungsprodukte enthalten können, verschiedenen gesundheitlichen Risiken wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Nierenschäden ausgesetzt. Um der Frage nach möglichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit nachzugehen, fasste die Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die in der Literatur verfügbaren Daten zu Bildung, Vorkommen, Exposition und Toxizität von Glykierungsverbindungen systematisch zusammen und untersuchte, ob deren Aufnahme mit Krankheiten wie Allergien, Diabetes, gastrointestinalen Störungen, kognitiven Beeinträchtigungen, Krebs sowie Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen zusammenhängt [1].
Es zeigte sich, dass in diesen Studien oftmals schlecht oder gar nicht validierte lebensmittelanalytische Daten als Grundlage für die Risikodiskussion verwendet wurden. Das Expert*innenteam fasste in seiner Arbeit Daten über die Bildung, das Vorkommen, die Exposition und die Toxizität von Glykierungsverbindungen zusammen und bewertete systematisch mögliche Zusammenhänge zwischen der Aufnahme bestimmter Glykierungsverbindungen über die Nahrung und Krankheiten, einschließlich Allergien, Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen, Darm-/Gastrotoxizität, Gehirn-/Kognitionsstörungen und Krebs. Auf der Grundlage dieser systematischen Überprüfung kommen die Forschenden zu dem Schluss, dass es derzeit keine überzeugenden Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Glykierungsverbindungen über die Nahrung und nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen gibt.
„Problematisch ist in der Regel die Verwendung mangelhafter analytischer Methoden als Grundlage für die Abschätzung der Zufuhr individueller Glykierungsprodukte sowie die Überinterpretation toxikologischer Studien, in denen Glykierungsprodukte in teils extrem hohen Dosen eingesetzt werden, die mit üblichen Zubereitungsmethoden nicht erreicht werden können. Bislang konnten wir keine überzeugenden Struktur-Wirkungsbeziehungen zur Ableitung definierter toxikologischer Effekte einzelner Verbindungen ausfindig machen. Künftige Studien müssen auf fundierten analytischen Methoden, wie sie im Fachgebiet Lebensmittelchemie etabliert sind und stetig weiterentwickelt werden, beruhen“, erläutert Michael Hellwig, Prof. für spezielle Lebensmittelchemie an der TU Dresden.

Literatur
1. Hellwig M, Diel P, Eisenbrand G, et al.: Dietary glycation compounds – implications for human health. Critical Reviews in Toxicology 2024.

Quelle: Technische Universität Dresden (TU Dresden), Pressemeldung vom 20.05.2025



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2025 auf Seite M464.

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