Stoffwechsel: Späte Mahlzeiten stören den Glucosestoffwechsel
- 13.08.2025
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- Redaktion

Bisherige Studien zeigen, dass spätes oder nächtliches Essen mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist. Dennoch ist bislang wenig darüber bekannt, wie genau der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme im Zusammenspiel mit dem individuellen zirkadianen Rhythmus den Glucosestoffwechsel und das Diabetesrisiko beeinflusst.
Vor diesem Hintergrund haben Prof. Olga Ramich vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und ihr Team kürzlich in einer Zwillingskohorte untersucht, wie der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme im Tagesverlauf mit dem Glucosestoffwechsel und der Insulinempfindlichkeit zusammenhängt. Zudem untersuchten sie, welchen Einfluss genetische und umweltbedingte Parameter auf die individuellen Essgewohnheiten haben [1].
Dafür nutzten sie Daten aus der NUtriGenomics Analysis in Twins (NUGAT)-Studie, an der 46 eineiige und zweieiige Zwillingspaare ohne Diabetes teilnahmen. Die Proband*innen führten fünf Tage lang Ernährungstagebuch über ihre Essenszeiten und -mengen. Die Wissenschaftler*innen ermittelten den individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus (Chronotyp) der Teilnehmenden und führten verschiedene Stoffwechseltests, z. B. einen Blutglucosebelastungstest, durch. Darüber hinaus bestimmten sie das zirkadiane Timing des Essens, also wann jemand im Verlauf des Tages isst – und zwar in Bezug auf den individuellen biologischen Tagesrhythmus und nicht auf die Uhrzeit.
Ein wichtiger Parameter, den die Wissenschaftler*innen ermittelten, war der zirkadiane kalorische Mittelpunkt (CCM) der Proband*innen. Dieser beschreibt jenen Zeitpunkt am Tag, zu dem rechnerisch die Hälfte der Tageskalorienmenge aufgenommen wurde. Ein späterer CCM bedeutet demnach, dass jemand hauptsächlich später am Tag isst – in Bezug auf den individuellen Chronotyp.
„Menschen, die ihre Hauptkalorien früher im Tagesverlauf zu sich nahmen, hatten eine bessere Insulinempfindlichkeit“, erklärt Ramich. „Auf der anderen Seite zeigten Proband*innen, die ihre Hauptkalorien erst spät am Tag aufnahmen, eine schlechtere Insulinempfindlichkeit, was mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes einhergeht.“ Darüber hinaus hatten sie einen höheren BMI und einen größeren Taillenumfang.
Um den Einfluss der Gene auf die Essenszeiten zu untersuchen, verglichen die Forschenden das Essverhalten der eineiigen Zwillinge (100 % identische Gene) mit dem der zweieiigen Zwillinge (ca. 50 % identische Gene). Mit speziellen mathematischen Modellen konnten sie abschätzen, wie stark der Zeitpunkt des Essens auf Gene, gemeinsame Umwelt oder individuelle Erfahrungen zurückzuführen ist. Die Studie belegt, dass verschiedene Parameter des täglichen Essenszeitmusters bis zu 60 % genetisch beeinflusst werden.
Eine Verlagerung der Hauptkalorienaufnahme auf frühere zirkadiane Zeiten könnte den Glucosestoffwechsel verbessern sowie vor Typ-2-Diabetes und Übergewicht schützen. „Da die Essenszeiten jedoch teils erblich bedingt sind, dürfte es einigen Menschen schwerfallen, ihre Gewohnheiten zu ändern“, gibt Ramich zu bedenken. „Um die Wirksamkeit von Interventionen, die auf der Essenszeit basieren, besser zu verstehen, sind weitere Validierungsstudien und klinische Untersuchungen nötig.“
Literatur
1. Vahlhaus J, Peters B, Hornemann S, et al.: Later eating timing in relation to an individual internal clock is associated with lower insulin sensitivity and affected by genetic factors. eBioMedicine 2025; 116: 105737.
Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Pressemeldung vom 06.05.2025
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2025 auf Seite M466.