Lebensmittelforschung: Erbsenproteinhydrolysate – weniger bitter, genauso sättigend
- 14.07.2025
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- Redaktion

Serotonin ist eines der wichtigsten Hormone, die die Nahrungsaufnahme regulieren. Sowohl der Darm als auch der Magen sind an der hormonellen Hunger-Sättigungsregulation beteiligt. Einige Bitterstoffe können die Magensäuresekretion anregen, die Serotoninausschüttung aus Magenzellen erhöhen, die Magenentleerung verzögern sowie eine sättigende Wirkung entfalten. Auch Proteinbausteine wie bitter schmeckende Peptide und Aminosäuren zählen zu den Bitterstoffen mit Sättigungseffekt.
Erbsenproteinhydrolysate sind Pulver aus enzymatisch oder chemisch aufgespaltenen Erbsenproteinen. Sie bestehen aus einer Mischung von kleinen Proteinfragmenten, sog. Peptiden, sowie freien Aminosäuren. Derzeit gewinnen sie in der Lebensmittelproduktion zunehmend an Bedeutung, da sie als gut verträglich gelten, ein hochwertiges Aminosäureprofil aufweisen und das Sättigungsgefühl fördern.
Da viele Verbraucher*innen den oft intensiven Bittergeschmack ablehnen, suchte nun das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München nach Wegen, diese geschmackliche Hürde zu überwinden, ohne die sättigende Wirkung der Produkte zu verlieren.
Den Bittergeschmack der Proteinhydrolysate lediglich zu reduzieren, könnte auch ihre sättigende Wirkung mindern. „Unsere früheren Untersuchungen mit Milchproteinen hatten jedoch gezeigt, dass solche bioaktiven, bitteren Peptide nicht zwingend im Ausgangsprodukt enthalten sein müssen, sondern auch erst während der Verdauung im Magensaft entstehen können“, erklärt Phil Richter, Co-Autor einer Studie aus dem Team von Veronika Somoza [1]. Entscheidend ist, dass bei ihrer Verdauung im Magensaft neue bittere Proteinfragmente entstehen, die die Ausschüttung von Magensäure und des Botenstoffs Serotonin stimulieren – beide Signale tragen im Körper maßgeblich zum Sättigungsgefühl bei.
Vor diesem Hintergrund simulierte das Forschungsteam die Magenverdauung eines bitteren und eines weniger bitteren Proteinhydrolysats mithilfe künstlichen Magensafts und analysierte anschließend die neu entstandenen Peptide.
Mittels chemischer und computergestützter Analysemethoden sowie sensorischer Tests identifizierte das Forschungsteam in beiden Verdauungsprodukten jeweils drei bittere Peptide. Alle sechs Peptide stimulierten in einer menschlichen Magenzelllinie die Freisetzung von Magensäure und Serotonin – unabhängig von der ursprünglichen Bitterkeit des Produkts. „Bemerkenswert war, dass die Peptide aus dem weniger bitteren Hydrolysat die Serotoninfreisetzung besonders stark anregten“, berichtet Katrin Gradl, Erstautorin der Studie und Doktorandin am Leibniz-Institut. Darüber hinaus wiesen die Forschenden nach, dass zwei Bitterrezeptortypen an der Auslösung der Sättigungssignale in den Testzellen beteiligt waren.
Folglich können sich auch aus weniger bitteren Erbsenproteinhydrolysaten durch den Verdau im Magensaft bioaktive Peptide bilden, die über Bitterrezeptoren Sättigungssignale auslösen. Die Studie zeigt jetzt schon molekulare Mechanismen auf, die sich nutzen lassen, um gezielt Proteinhydrolysate geschmacklich zu optimieren – ohne dabei durch Bitterstoffe ausgelöste, sättigende Effekte einzuschränken.
Literatur
1. Gradl K, Richter P, Somoza V: Bitter peptides formed during in-vitro gastric digestion induce mechanisms of gastric acid secretion and release satiating serotonin via bitter taste receptors TAS2R4 and TAS2R43 in human parietal cells in culture. Food Chem 2025; 482: 144174.
Quelle: Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie, Pressemeldung vom 27.05.2025
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 7/2025 auf Seite M398.