Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Ultrahochverarbeitete Lebensmittel sind schlecht für die Hirngesundheit
- 15.10.2025
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- Redaktion
Im 15. Ernährungsbericht von 2024 definiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ultrahochverarbeitete Lebensmittel (ultraprocessed foods, UPF) als „Lebensmittel und Getränke, bei deren Herstellung die eingesetzten Rohstoffe einem umfangreichen industriellen Verarbeitungsprozess unterzogen wurden, und die in der Regel eine Vielzahl von zusätzlichen Zutaten […] und energiereiche Inhaltsstoffe mit geringer Essenzialität […] enthalten“ [1].
Der Bericht zeigt einen Zusammenhang zwischen UPF und Übergewicht/Adipositas, Hypertonie, Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen. Nichtsdestotrotz – das Geschäft boomt: 2025 sollen etwa 6,58 Mrd. € allein mit Fertiggerichten umgesetzt werden, und es wird in den Folgejahren mit einem jährlichen Umsatzplus von mehr als 5 % gerechnet [2]. Verschiedene große Studien legen nahe, dass es auch zwischen UPF und Demenz einen Zusammenhang gibt. Ein systematisches Review anhand einer Metaanalyse [3] zeigte bspw. im Vorjahr, dass ein hoher UPF-Konsum mit einem 44 % höheren Demenzrisiko (jedweder Ursache) einhergeht. Eine aktuelle Analyse der Framingham-Kohorte [4] untersuchte den Einfluss von UPF in den mittleren Lebensjahren (bei Menschen < 68 Jahre zu Beginn der Erhebung) auf das spätere Alzheimerrisiko. Sie kam zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die im Durchschnitt über 12 Jahre lang mehr als 10 Portionen verarbeitete Lebensmittel am Tag konsumierten, ein 2,7-fach erhöhtes Alzheimerrisiko hatten. Das Risiko stieg mit der Menge des Konsums an: Jede Portion UPF pro Tag ging nach dieser Zeitspanne im Durchschnitt mit einem um 13 % erhöhten Alzheimerrisiko einher.
„Auch wenn diese Analysen methodisch hochwertig sind, handelt es sich lediglich um retrospektive Beobachtungsdaten, die immer Bias behaftet sein können. Besonders beunruhigend ist allerdings, dass im vergangenen Jahr eine erste prospektive Studie [5] ebenfalls einen Zusammenhang zwischen hochprozessierten Lebensmitteln und Demenzrisiko zeigte“, erklärte Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). In der Studie ging jede Erhöhung des UPF-Konsums um 10 % mit einer 25 %igen Erhöhung des Demenzrisikos und 14 %igen Erhöhung des Alzheimerrisikos einher.
Wie Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung, ausführt, gibt es verschiedene Wege, wie hochprozessierte Nahrung zu einer Demenz beitragen kann. „Zum einen gibt es den indirekten Zusammenhang via Übergewicht und den Folgekrankheiten Bluthochdruck und Diabetes, die mit einem höheren Demenzrisiko einhergehen. Daneben geht man von einem Mechanismus aus, der über das Darmmikrobiom vermittelt wird: Prozessierte Lebensmittel enthalten viele gesättigte Fette, Transfette, raffinierte Kohlenhydrate, Salz und wenig Ballaststoffe, was die mikrobielle Vielfalt im Darm verändern kann. Wir wissen, dass diese Veränderungen via Darm-Hirn- Achse krankmachende Veränderungen im Gehirn nach sich ziehen können.“
UPF scheinen auch einen Einfluss auf das Parkinsonrisiko zu haben. Eine prospektive Kohortenanalyse aus neun europäischen Ländern [6] zeigt u. a., dass die parkinsonspezifische Mortalität bei hohem UPF-Konsum um 23 % höher lag.
In einer anderen Arbeit wird auf das höhere Risiko für psychische Störungen, Angststörungen und depressive Störungen durch den Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel hingewiesen [7]. Eine australische Erhebung [8] hatte zuvor gezeigt, dass der Konsum von UPF mit einem 11 %igen Anstieg des Depressionsrisikos verbunden war.
„Insgesamt lässt sich feststellen, dass wir uns mit Fast Food und Fertiggerichten, was die Hirngesundheit angeht, keinen Gefallen tun. Ernährung ist ein wichtiger Baustein für die Hirngesundheit“, schlussfolgert Prof. Berlit.
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): 15. DGE-Ernährungsbericht. www.dge.de/fileadmin/dok/wissenschaft/ernaehrungsberichte/15eb/15-DGE-EB-Vorveroeffentlichung-Kapitel9.pdf (last accessed on 22 July 2025).
- Statista: Fertiggerichte – Deutschland. https://de.statista.com/outlook/cmo/lebensmittel/convenience-food/fertiggerichte/deutschland (last accessed on 22 July 2025).
- Henney AE, Gillespie CS, Alam U, Hydes TJ, Mackay CE, Cuthbertson DJ: High intake of ultra- processed food is associated with dementia in adults: A systematic review and meta-analysis of observational studies. J Neurol 2024; 271(1): 198–210.
- Weinstein G, Kojis D, Banerjee A, Seshadri S, Walker M, Beiser AS: Ultra-processed food consumption and risk of dementia and Alzheimer‘s disease: The Framingham Heart Study. J Prev Alzheimers Dis 2025;12(2): 100042.
- Li H, Li S, Yang H, et al.: Association of ultraprocessed food consumption with risk of dementia: A prospective cohort study. Neurology 2022; 99(10): e1056–66.
- González-Gil EM, Matta M, Morales Berstein F, et al.: Associations between degree of food processing and all-cause and cause-specific mortality: A multicentre prospective cohort analysis in 9 European countries. Lancet Reg Health Eur 2025; 50: 101208.
- Muncke J, Touvier M, Trasande L, Scheringer M: Health impacts of exposure to synthetic chemicals in food. Nat Med 2025; 31(5): 1431–43.
- Mengist B, Lotfaliany M, Pasco JA, et al.: The risk associated with ultra-processed food intake on depressive symptoms and mental health in older adults: A target trial emulation. BMC Med 2025; 23(1): 172.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Pressemeldung vom 16.07.2025
⇒ Lesen Sie zu diesem Thema auch den Bericht ab Seite M624 sowie das Editorial auf Seite M585 in diesem Heft.
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2025 auf Seite M590.