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Konsumenten greifen zu viel zu großen Portionen

  • 04.11.2013
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  • Redaktion

Experimente eines internationalen Forscherteams unter Beteiligung der Universität Bonn ergaben, dass die Probanden die Portionen teils nur halb so groß wahrnahmen wie sie tatsächlich waren. Wenn die Testpersonen dagegen die angebotenen Speisen verlockend fanden, aber gleichzeitig wussten, dass diese ungesund sind, kam es zu deutlich besseren Schätzungen der Essenrationen. Die Ergebnisse wurden nun im Journal of Consumer Psychology veröffentlicht.

Was führt dazu, dass Konsumenten Portionsgrößen tendenziell eher zu klein einschätzen? Yann CORNIL, Erstautor der Studie sagt: „Menschen, die gesund essen wollen, neigen dazu, sehr darauf zu achten, was sie Essen, aber nicht genug darauf, wie viel sie Essen. Dies ist ein Problem, da die Portionsgrößen in Restaurants in den letzten 15 Jahren enorm gestiegen sind.“

Das internationale Forscherteam führte drei verschiedene Experimente mit Probanden unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Gesundheitseinstellungen durch. An einem Online-Experiment nahmen 84 Grundschüler teil. Auf Fotos präsentierten ihnen Forscher der Universität Bonn zunächst Teller mit Schokoladenstückchen und kleinen Karotten, deren Anzahl ihnen mitgeteilt wurde. Die nächsten Bilder zeigten dann zunehmende Mengen, die die Kinder schätzen sollten. „Je größer die Rationen wurden, desto mehr unterschätzten die Grundschüler die Schokoladen- und Karottenmengen“, berichtet Prof. Dr. Bernd WEBER, Leiter der NeuroImaging-Forschungsgruppe am Life & Brain Zentrum der Universität Bonn. Häufig empfanden die jungen Testpersonen die Portionen nur halb so groß, wie sie wirklich waren.

Die französischen Forscher um Prof. Dr. Pierre CHANDON legten 115 jungen Erwachsenen Packungen mit Gummibärchen vor, deren Gewicht sie schätzen sollten. Die Süßigkeit war teils als ungesunde Variante deklariert und zum anderen Teil als Lebensmittel mit Omega-3-Fettsäuren und Vitaminen. Das Verlangen nach den beiden Arten von Gummibärchen steigerten die Forscher bei einem Teil der Probanden, indem diese vorher probieren durften. Hier zeigte sich: Die Testpersonen, die vorher kosten durften und die „ungesunden“ Gummibärchen bekamen, schätzten die Portionsgrößen am genauesten ein.

Können Menschen, die auf ihre Gesundheit achten, Portionsgrößen besser einschätzen? Prof. Dr. Nailya ORDABAYEVA rekrutierte in einem Fitness-Studio 116 Männer und Frauen und befragten sie zunächst zu ihrem Gesundheitsbewusstsein. Dann wurden wiederum Fotos mit unterschiedlichen Mengen Chips präsentiert, die entweder als fettreduziert oder normal ausgewiesen waren. Hier schätzten die Probanden am besten die Portionsgrößen, die sich selbst als gesundheitsbewusst einstuften und es mit der ungesunden Normal-Chips-Variante zu tun hatten.
„Die Nahrungsmenge kann offensichtlich dann besonders gut eingeschätzt werden, wenn Probanden das Angebotene verlockend finden und gleichzeitig wissen, dass es ungesund ist“, sagt Prof. ORDABAYEVA.

„In früheren Studien konnten wir zeigen, dass unser Gehirn sehr schlecht darin ist, Veränderungen von Portionsgrößen zu unterscheiden. Im Durchschnitt schätzen wir eine Größenveränderung von 100 % nur als 50–70 % größer ein. In dieser Studie konnten wir zeigen, wieso manche Menschen dies besser können als andere“, sagt Prof. CHANDON. Es sollten bei Ernährungstipps nicht nur die negativen Folgen zu süßer und zu fetthaltiger Lebensmittel hervorgehoben werden, sondern auch das positive Gefühl, wenn gesunde Lebensmittel schmecken. Diese Doppelstrategie führe absehbar zu einem genaueren Abschätzen des tatsächlichen Portionsbedarfs.
Literatur: Cornil Y, Ordabayeva N, Kaiser U et al. (2013) The acuity of vice: attitude ambivalence improves visual sensitivity to increasing portion sizes. Journal of Consumer Psychology [in press; DOI: 10.1016/j.jcps.2013.09.007] Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pressemeldung vom 07.10.2013 (04.11.13)

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