Wer ungesund isst, soll mehr zahlen: Ernährungswissenschaftler fordern Taten in der Präventionspolitik

  • 16.03.2007
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  • Redaktion

- Das bittere Fazit der Ernährungsaufklärung der letzten Jahrzehnte brachte Prof. Hans Hauner auf den Punkt. "Unsere naive Vorgehensweise ist gescheitert, dass man Ernährungsempfehlungen einfach verbreitet und darauf wartet, dass sie umgesetzt werden". 

Prof Hauner,  Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) München, lieferte auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Wissenschaftlichen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) am 8. März in Halle gleich das beste Beispiel im Bereich der ernährungsbedingten Krankheiten: "Bei Diabetes und deren Vorbeugung geben wir seit 20 Jahren Empfehlungen. Geändert hat sich nichts". Um die Wohlstandskrankheiten in den Griff zu bekommen, bedürfe es schärferer, politischer Instrumente.

Prof. Hannelore Daniel, ebenfalls von der TU München, ging noch einen Schritt weiter und betonte, dass Prävention beim Geldbeutel anfangen müsste. Daniel machte eine einfache und nachvollziehbare Rechnung: "Jede Kalorie wird beim Anbau subventioniert. Dann muss der Verbraucher das Lebensmittel im Geschäft bezahlen und wird noch mal zur Kasse gebeten, wenn er oder andere zuviel essen". In der Tat liegen die Kosten der ernährungsbedingten Krankheiten bei 75 Mrd. Euro jährlich. Das ist fast ein Drittel der gesamten Gesundheitsausgaben. Nahe liegend also der Schluss, dass sich nur etwas ändert, wenn es an den persönlichen Geldbeutel geht. Daniel fordert, dass der Lebensstil übersetzt wird in Krankenkassenbeiträge.

Peter Stehle von der Universität Bonn argumentierte mit dem Ausbau der landwirtschaftlichen Anbauflächen zur Energiegewinnung: "Wenn erst einmal die Ressourcen an Lebensmitteln knapper werden, werden wir die momentane Luxusdiskussion, was den Überfluss angeht, nicht mehr führen müssen". Wenn Getreide zum Heizen, Fahren oder zur Stromgewinnung erzeugt wird, werden mindestens die Brot-, Futtermittel- und Fleischpreise steigen. Die ein wenig zynische Schlussfolgerung ist demnach: Wenn wir uns weniger leisten können, könnte sich die Sache mit der Fettsucht und den entstehenden Folgeerkrankungen also von selbst lösen.

Auf dem DGE-Kongress diskutierten insgesamt 600 Ernährungsexperten aus ganz Deutschland Ursachen und Lösungsansätze unter dem Motto "Ernährung - Chancen und Risiken im 21. Jahrhundert". (16.03.07)

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