Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs durch GLP1-Analoga?

  • 18.03.2011
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  • Redaktion

Menschen mit Diabetes Typ 2, die eine Therapie mit sogenannten inkretin-basierten Wirkstoffen wie DDP4-Hemmer (zum Beispiel Sitagliptin) oder GLP1-Analoga (zum Beispiel Exenatide) erhalten, haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko, an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. Hinweise darauf gibt eine Studie in der Zeitschrift „Gastroenterology“.

Mit einer aktuellen Stellungnahme machen die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) und diabetesDE Ärzte, Apotheker und Patienten auf diese Bedenken aufmerksam. Gleichzeitig betonen DDG und diabetesDE, dass die Studie keine zweifelsfreien Schlüsse zulasse. Dennoch müsse das Ergebnis ernst genommen und weitergehend untersucht werden.

Inkretin-basierte Medikamente sind seit Mitte der 10er Jahre auf dem Markt. Sie bewirken, dass die Bauchspeicheldrüse vermehrt das Blutzucker senkende Hormon Insulin freisetzt. Außerdem verlangsamen sie die Magenentleerung und die Patienten nehmen unter diesen Medikamenten nicht zu. Sie eignen sich deshalb vor allem für übergewichtige Typ-2-Diabetiker, deren Blutzuckerspiegel und deren Gewicht sich trotz veränderten Lebensstils und Medikamenten nicht senken lassen.

Für die jetzt erschienene Studie nutzten Michael Elashoff und Kollegen von der University of California, Los Angeles, Daten aus der Nebenwirkungsdatenbank der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) aus den Jahren 2004 bis 2009. Die Auswertung ergab für Patienten unter einer Medikation mit Glucagon-like Peptid 1 (GLP1) eine 6-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung. Auch die Wahrscheinlichkeit an Bauchspeicheldrüsenkrebs und Schilddrüsenkrebs zu erkranken, schien erhöht.

Die Wissenschaftler verglichen die inkretin-basierten Medikamente mit ausgewählten anderen Diabetes-Medikamenten bei Patienten in unterschiedlichen Krankheitsphasen. Ausschlaggebende Faktoren wie Körpermasse oder Langzeitblutzucker berücksichtigten die Forscher nicht. Daher sind die Aussagen dieser Studie – auch nach Einschätzung der Autoren - nur begrenzt interpretierbar. Hinzu kommt, dass in die Nebenwirkungsdatenbank der FDA vor allem Verdachtsfälle zu neueren Medikamenten eingehen. Dies kann zu einer Überbewertung dieser Substanzen führen. DDG und diabetesDE fordern deshalb, andere Datenbanken in die Untersuchung mit aufzunehmen und auch die Langzeitdaten der Hersteller zur berücksichtigen.

DDG und diabetesDE nehmen die Ergebnisse der Studie mit Blick auf die Patientensicherheit sehr ernst. Sie empfehlen, Neueinstellungen leitliniengerecht nur bei Patienten vorzunehmen, bei denen andere Medikamente das Therapieziel nicht erreichen. Eine Änderung bereits bestehender Therapien ist nicht zwingend geboten. Ärzte und Apotheker sollten ihre Patienten jedoch über die Beobachtungen der Studie informieren.

Die DDG und diabetesDE betonen, dass die Studie kein abschließendes Urteil über die inkretin-basierten Therapien zulässt. Sämtliche Sicherheitsdaten der inkretin-basierten Therapien müssen laut Professor Dr. med. Thomas Danne, Präsident der DDG, Vorstandsvorsitzender diabetesDE, zugänglich gemacht und öffentlich diskutiert werden. Sobald diese vorliegen, werden die DDG und diabetesDE sich in einer abschließenden Stellungnahme erneut dazu äußern. Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier. Quelle: Elashoff, M., Matveyenko, A.V., Gier, B., Elashoff, R., Butler, P.C., Increased Incidence of Pancreatitis and Cancer Among Patients Given Glucagon Like Peptide-1 Based Therapy, Gastroenterology (2011), doi: 10.1053/j.gastro.2011.02.018. Feb 17. [Epub ahead of print] Quelle: Pressemitteilung DDG vom 04.03.11 (18.03.11)

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