Risiko Mangelernährung - "Richtiges" Essen im Krankenhaus und Pflegeheim

  • 27.03.2009
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  • Redaktion

Im Moment ist die Übergewichtsproblematik in aller Munde. Das gegenteilige Problem, die Mangelernährung, gerät da leicht ins Hintertreffen. Dabei ist diese ein schwerwiegendes Risiko, das insbesondere ältere Menschen betrifft. Schwere und chronische Erkrankungen gehen häufig mit einem schlechten Ernährungszustand einher. Mangelernährte Patienten in Langzeitpflege haben zudem ein erhöhtes Risiko für infektiöse Erkrankungen oder Stürze und Frakturen, die wiederum die Sterblichkeit erhöhen. Studien haben gezeigt, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen Verschlechterung des Ernährungszustandes und funktionellen Defiziten, z. B. weniger Kraft in den Händen oder schlechtere Fähigkeit zur selbstständigen Versorgung gibt.

Privatdozent Dr. Matthias PIRLICH, Charité Universitätsmedizin, betonte auf der edi 2009 in Berlin, dass alte Menschen eine ausreichend hohe Nährstoffdichte benötigen, weil häufig nur noch kleine Portionen gegessen werden können. Mehr Energie aus Sahne, Butter oder Ölen oder auch hochwertige Proteinpulver in Süßspeisen oder Soßen können zu einer bedarfsdeckenden Ernährung beitragen, ebenso wie Zwischenmahlzeiten und Snacks. Wenn die natürliche Kost nicht mehr ausreicht, können mögliche Defizite durch Energie- und proteinreiche Trinknahrung ausgeglichen werden.

Für Menschen mit Demenz oder motorischen Defiziten ist speziell entwickeltes Fingerfood eine Alternative zum konventionellen Essen mit Besteck und Teller. Erst wenn diese Maßnahmen versagen, besteht die Indikation zur künstlichen Ernährung. Vielfach wird auch kombiniert therapiert: Der Patient kann noch etwas essen, muss jedoch unterstützend, z. B. über Nacht, künstliche Ernährung erhalten.

Die Realität in deutschen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sieht jedoch oft anders aus. Ernährung gilt dort oft nur noch als beeinflussbarer Kostenfaktor, der so ökonomisch wie möglich gestaltet werden muss. Doch damit wird an der falschen Stelle gespart: Nach Angaben von Prof. Herbert LOCHS, wissenschaftlicher Beirat der DGEM, kostet die Behandlung von Mangelernährung in Deutschland jährlich rund 13 Mrd €.

Welche gesundheitlichen Auswirkungen eine unzureichende Ernährung hat, zeigen auch die Ergebnisse des "nutritionDay in Europe". Demnach verzögert sich die Entlassung aus dem Krankenhaus bei schlecht ernährten Patienten um mehrere Tage. Außerdem haben sie ein größeres Risiko für Infektionen und Komplikationen nach einer Operation und sterben häufiger. In vielen Patientengruppen steht etwa einer von drei Todesfällen in Verbindung mit ungenügender Ernährung.

Angesichts der alarmierenden Zahlen hat jetzt der Europarat das Thema Mangelernährung auf die politische Agenda gesetzt. In den kommenden Jahren soll es u. a. ein Ausbildungsprogramm geben, sowie wissenschaftliche Arbeiten. Vorgesehen ist auch, ein regelmäßiges Screening in Pflegeheimen und durch Pflegende zu Hause durchzuführen, damit Mangelernährung frühzeitig erkannt und therapiert werden kann. Auch soll jeder Hausarzt bei seinen Patienten eine Erhebung des Ernährungszustandes dokumentieren.

Die meisten älteren Menschen wünschen sich, zu Hause und nicht in einem Pflegeheim zu leben. Eine regelmäßige Versorgung zu Hause mit Pflege und Ernährung, ggf. auch künstlicher Ernährung, wäre dazu geeignet und würde zudem weniger Kosten verursachen, als eine Unterbringung in Pflegeeinrichtungen. Quellen: DGEM, Pressemeldungen vom Februar und März 2008, Nutrition Day www.nutritionday.org (27.03.09)

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