Suchtmittelkonsum bleibt auf extrem hohem Niveau

Die Bundesbürger konsumieren nach wie vor zu viel Alkohol- und Tabak sowie zu viele Medikamenten mit Suchtpotenzial. Das stellt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in ihrem kürzlich veröffentlichten Jahrbuch Sucht 2010 fest. Im Jahr 2008 wurde mit 9,9 l reinem Alkohol ebenso viel getrunken wie im Jahr zuvor. Seit 2000 ist der Alkoholkonsum zwar um 0,5 l langsam gesunken, doch seit 2005 nur um 0,1 l.

Im Verbrauch je Einwohner verschiebt sich die Vorliebe der Bundesbürger für Wein (+ 0,5 %) und Schaumwein (+ 2,6 %) weiterhin zu ungunsten von Bier (- 0,6 %) und Spirituosen (- 1,8 %). Dennoch: Gut die Hälfte (54,1 %) des Gesamtkonsums, gemessen in Reinalkohol, wird als Bier konsumiert und rund ein Fünftel (18,4 %) als Spirituose.

Junge Alkoholkonsumenten greifen zwar weniger zu Alkopops (alkoholischen Mischgetränken), trinken aber vermehrt Bier und Spirituosen. Beispielsweise stieg in der Altersgruppe der 15–16 Jährigen der Anteil der Spirituosenkonsumenten von 52,6 % auf 56,9%. Dieses Verhalten schlägt sich in der Krankenhausdiagnosestatistik des Statistischen Bundesamtes nieder. Die Zahlen alkoholbedingter Störungen – akute Intoxikation stiegen von 2007 auf 2008 in allen Alterstufen auf insgesamt fast 110 000 Fälle.

Akuter Rausch und sog. Komasaufen ist nicht allein ein jugendspezifisches Alkoholproblem. Die Zuwachsraten lagen bei den 10–20-Jährigen ebenso wie bei den 65–70 und 75–80 Jährigen deutlich über 150 %. In den Altersgruppen 70–75 und 80–85 Jahre gab es sogar Zuwächse von über 200 %.

Gut ein Fünftel aller Todesfälle zwischen 35 und 65 Jahren sind alkoholbedingte Todesfälle. In Deutschland konsumieren insgesamt 9,5 Mio. Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise, davon 2,0 Mio. missbräuchlich und 1,3 Mio. abhängig. Jährlich entstehen infolge alkoholbezogener Krankheiten 24,4 Mrd. Euro volkswirtschaftliche Kosten.

Erste Erfolge zeigen die Maßnahmen zur Reduzierung des Tabakkonsums auf europäischer und nationaler Ebene. Der Zigarettenkonsum ging 2008 um 3,8% zurück. Damit sank der Pro-Kopf-Verbrauch auf 1068 Stück (2007: 1 112 Stück). Allerdings stieg der Absatz von Pfeifentabak gegenüber 2007 um 17 % auf 1 883 t im Jahr 2008. In Deutschland rauchen dem Epidemiologischen Suchtsurvey 2006 zufolge 16,6 Mio. Menschen (31,9%), davon gelten 3,8 Mio. als abhängig (7,3%).

Die aktuelle GEDA-Studie (Gesundheit in Deutschland aktuell) des Robert Koch-Instituts bestätigt diese Zahlen. Im Jahr 2009 rauchten von den Personen ab 18 Jahren 33,9% der Männer und 26,1% der Frauen. Bei beiden Geschlechtern greifen die Jüngeren mehr zum Tabak als die Älteren. Laut DHS sind jährlich 110 000–140 000 Todesfälle auf Tabakkonsum zurückzuführen.

Ein besonderes Augenmerk legt die DHS in ihrem aktuellen Jahrbuch auch auf die Suchtproblematik von Medikamenten. 4–5 % aller häufig verordneten Arzneimittel besitzen ein eigenes Suchtpotenzial. Es wird angenommen, dass ein Drittel dieser Mittel nicht wegen akuter Probleme, sondern langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet werden. Schätzungsweise 1,4 Mio. Menschen sind abhängig von Medikamenten, davon 1,1–1,2 Mio. Menschen von Benzodiazepinderivaten. Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), Pressemeldung vom 07.04.2010

Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 06/10 auf Seite 292, weitere Kurzberichte ab Seite 284.

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